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Die Kunst der Hoffnung

Von Judith Belfkih

Leitartikel

Gerade in der Krise ist es fatal, Kunst als bloßes Schmuckwerk abzutun.


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"Theater sind das humanistische Rückgrat eines Landes, es sind Orte, an denen die gesellschaftspolitischen Probleme der Zeit verhandelt werden", sagt Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger im "Wiener Zeitung"-Interview: "Wenn Kunst und Kultur schweigen müssen, schweigt damit auch ein Teil des kritischen Denkens."

Es wird auch in den kommenden Monaten ein Balanceakt bleiben - zwischen der nicht minder humanistischen Pflicht, Menschenleben zu retten, und der Notwendigkeit, als Gesellschaft kritischem Denken Raum zu geben. Es wird beides brauchen, um das Rückgrat einer gesunden Demokratie nicht ins Wanken zu bringen.

In der sogenannten neuen Normalität, in die wir dieser Tage dabei sind aufzubrechen, sind wir längst nicht angekommen. Wie sehr das schrittweise Bauen eben dieser Normalität ein Herantasten bleiben wird, zeigen die nun präsentierten Lockerungen im Bereich der Kultur. Auch wenn der (immer nur vorläufige) Fahrplan in einigen Bereichen relativ klar ist, so dominiert bei den großen Festivals im Sommer das Aufschieben von Entscheidungen. Im Gegensatz zu Bayreuth sind die Festspiele in Salzburg und Bregenz noch nicht abgesagt. Entschieden wird im Mai.

Was den Stufenplan, auf den sich die Festspiele dabei berufen, stützt: Gerade in Krisenzeiten ist es fatal, Kunst voreilig als hübsches Beiwerk abzutun und vorschnell abzudrehen. Gerade in schwierigen Zeiten ist Kunst elementare seelische Nahrung. Und das nicht nur digital. Sie ist vielen Menschen Bewältigungsstrategie, poetisch gesprochen ein tiefer Seelenspiegel, der die Ohnmacht, die Trauer, die Wut und die Einsamkeit dieser Zeiten verkraften hilft.

Die Gesundheit steht zu Recht im Fokus aller Corona-Maßnahmen der Regierung. Dass damit langfristig nicht nur die körperliche, sondern auch die seelische gemeint sein muss, wird mit jedem Tag der Krise dringlicher.

Darüber hinaus wird es auch in der Kunst nicht nur darum gehen, was erlaubt, sondern was sinnvoll ist. Auch Kulturinstitutionen sind Wirtschaftsunternehmen. Auch sie müssen kalkulieren. Eine Opernvorstellung, bei der nur jeder dritte Platz besetzt ist, wird nie kostendeckend sein.

Man mag das Festhalten der Festspiele an ihrem Fahrplan naiv finden, was es jedoch auf jeden Fall stiftet, ist Trost. Der nämlich steckt in dem Hoffnungsfunken auf einen Festspielsommer; darin, dass vielleicht doch noch alles gut wird. "Es ist kein Schaden, die Hoffnung aufrechtzuhalten", argumentiert Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Es sei nicht nur den Jubiläumsfestspielen zu wünschen, dass aus der Hoffnung eine Perspektive wird. Ob beides in der neuen Normalität Platz hat, wird sich früh genug weisen.