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Hätte man nicht gewusst, dass Ulrich Wickert die "Tagesthemen" seit 2006 nicht mehr moderiert, und wäre nicht das "Okto"-Logo am Bildrand Hinweis genug gewesen - man müsste die Aktion als perfekt bezeichnen. Am Dienstag startete das Nachrichtenmagazin der ARD wie gewohnt, bis eben Wickert im Studio erschien, uns freundlich willkommen hieß - und danach verstummte. Wickert schwieg zwei für das Medium ohnehin schon sehr lange Sekunden, er schwieg fünf, zehn, fünfzehn Sekunden - und er schwieg weiter. Allein, dass der Moderator dem Blinzel- und Schluckreflex nachgab, bewies, dass man es mit keinem Standbild zu tun hatte. Und während man überlegte, ob hier John Cages "433" auf TV-Basis kopiert wurde, verzog der Anchorman, stumm, weiterhin keine Miene. Man konnte nun zum Kühlschank wandern, sich über Wickert wundern und dabei bemerken, dass die Zeit sich so doch erheblicher zieht als bei den gewöhnlichen Texten über Krieg und Terror, ehe erst fünf Minuten später die Abmoderation folgte, als ob nichts geschehen wäre.
Kunst kommt im Fernsehen höchstens als Objekt der Berichterstattung und dabei auch bloß als Randnotiz vor. Umso erfreulicher, wie sie mit dieser Arbeit von Hein-Godehart Petschulat in ein Medium intervenierte, das sich selbst nicht mehr reflektieren mag. Das Deutungsangebot dieses Verstummens sprach Bände, der daraus geschöpfte Mehrwert war mit dem Erkenntnisgewinn aus den "RTLII News" erst gar nicht vergleichbar.