Die Neos wollen die Grünen als Koalitionspartner der Wahl ablösen.
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Die Koalitions-Farbpalette ist um eine Facette reicher: Rosa-Rot. Jahrelang waren die Bundesländer rot oder schwarz oder später rot-schwarz regiert. Dann kam es zu einer Ausweitung der Koalitionszone: Das rot-grüne Experiment in Wien - das nun offenbar zu Ende geht - währte 10 Jahre, in Vorarlberg sind die Grünen seit 2014 Teil einer schwarz-grünen Koalition. In Tirol und Salzburg (dort unter Neos-Beteiligung) sind die Grünen ebenfalls Teil der Landesregierung. In Oberösterreich regiert Türkis-Blau, Burgenland und Kärnten sind rot, Niederösterreich ist fest in der Hand der ÖVP.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich ein politisches Kunterbunt entwickelt, und das ist zweifellos ein Fortschritt gegenüber der jahrzehntelangen Zweifarbigkeit der rot-schwarzen Republik.
Und nun also vielleicht bald Rot-Pink - die zweite Regierungsbeteiligung für die Neos nach Salzburg, wo sie seit 2018 mit Andrea Klambauer eine Landesrätin stellen. Den Zug zum Tor kann man den Neos nicht absprechen: Fast auf den Tag genau vor acht Jahren wurden die Neos gegründet und sind nun schon in zwei Landesregierungen vertreten, eine Leistung, für die die Grünen 28 Jahre - seit Gründung - gebraucht haben.
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig verkauft die rosa-rote Koalitionsvariante als "mutiges Experiment", im Vordergrund dürfte aber etwas anderes stehen: Die Pinken dürfen nur einen amtsführenden Stadtrat beanspruchen, den Grünen wären aufgrund ihres Wahlergebnisses zwei zugestanden. Zudem sind die Neos im Vergleich zu den Grünen - die den Rathausbetrieb seit 1991 kennen - auf dem Wiener Rathausparkett noch recht unerfahren. Bürgermeister Ludwig dürfte wohl darauf hoffen, dass die Neos deshalb auch pflegeleichter als seine bisherigen Koalitionspartner sein werden. Dennoch: Ein Neos-Regierungsamt im wirtschaftlich bedeutendsten und bevölkerungsreichsten Bundesland der Republik bringt den Neos Prestige und Sichtbarkeit. Auf Bundesebene sind die Pinken in den Umfragen schon jetzt eine - wenn auch derzeit hauchdünne - Koalitionsoption für die ÖVP. Das strategische Ziel der Pinken ist es aber, die Grünen als Koalitionspartner der ÖVP im Bund abzulösen. Eine solide Performance in Wien könnte die Neos diesem Ziel bei den nächsten Wahlen näherbringen.
Für die Grünen ist der Verlust der Regierungsverantwortung im Wiener Rathaus hingegen ein echtes Problem: Bisher waren die Grünen in Koalitionen mit Rot und Türkis und konnten sich als Partei zwischen beiden politischen Polen präsentieren. Nun gibt es nur mehr Grün-Türkis. Gut möglich, dass der progressive Flügel der Grünen nun im Bund fordert, klarer Kante gegen die ÖVP zu zeigen.