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Die Kvasgesetze des Christkindlmarkts

Von Edwin Baumgartner

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Am 14. Mai 1951, es war ein Montag, erließ Josef Stalin, Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, die Verordnungen FK 2045 und FK 2046, in denen er die Zusammensetzung des Kvas regelte, der an den Buden verkauft werden durfte. Zu viel gepanschter Kvas war im Sommer zuvor unter die Bürger gebracht worden. Ab diesem 14. Mai wurde also an den Kvasbuden in der ganzen Sowjetunion ausschließlich der standardisierte "Original Puschkin-Kvas" verkauft, und zwar, Plansoll ist Plan-
soll, 1427 Liter pro Monat mindestens. "Der Original Puschkin-Kvas ist so rein wie das Ziel des kommunistischen Gedankens", schrieb die "Prawda" schon am 15. Mai 1951. Die Verordnungen hießen im Volksmund bald nur noch die "Kvas-Gesetze".

Szenenwechsel.

Auf dem Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus wird nur noch eine Sorte Punsch ausgeschenkt: der neu geschaffene und somit traditionelle "Original Wiener Weihnachtspunsch". Diese hochprozentige Mischung ist vom Verein zur Förderung des Marktgewerbes allen einschlägigen Ständen verordnet worden, laut dem Verein eben ein "Einheitsmerkmal". Zu viel Punschpanscherei sei in früheren Jahren verkauft worden. Multikulti - schön und gut, aber beim Punsch endet die sonst herbeibegehrte Vielfalt. Jeder Hüttenbetreiber hat mindestens 1500 Liter vom Christkindlmarkteinheitspunsch auszuschenken. Konditionierung der Geschmacksnerven?

Die Geschichte von den Kvas-Gesetzen ist übrigens meine Erfindung. Die vom "Original Wiener Weihnachtspunsch" nicht.