Die Landeshauptleute haben entdeckt, dass ihr Föderalismuskonzept wenigstens manchmal mehr erzeugen muss als leere Töne.
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Föderalismus und Sonntagsruhe haben eines gemeinsam. Sie sind eine wertvolle Kulturleistung und werden dennoch immer wieder von mehreren Seiten in Frage gestellt. Konzentrieren wir uns auf den Föderalismus, dem in die Staatsverfassung eingebauten Lebensraum für die kleineren Einheiten des Ganzen. Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und sein Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (ÖVP) erregten in anderen Teilen der Republik und vor allem in Wien geradezu fassungsloses Staunen, weil sie die Landesregierung um mindestens einen Posten und den Landtag um acht von 56 Sitzen verkleinern und 700 Beamtenstellen streichen wollen. Das alles zwar erst ab 2015 - man wird sehen, ob es auch so kommt -, aber der nicht gerade mundfaule Voves drechselt schon jetzt einen spruchreifen Erfolg: "Kein Bundesland hat bisher so abgespeckt, wir empfehlen Nachahmung."
Dabei sind die Steirer gar nicht Speersitze der Reformer, sondern liegen bloß im Trend. Und zwar in einem neuartigen Trend, der die Kooperationsfreude von Landeschefs geradezu schick erscheinen lässt.
Ins Gesamtbild passt die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ), die soeben den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernommen hat und schon früher mehrfach
aufgefallen ist, weil sie konstruktive Problemlö-sungen für sinnvoller hält als Machtspiele und Obstruktion.
Als Morgengabe fällt ihr die schon unter ihrem Vorgänger Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) vorbereitete Schaffung eines Bundespflegefonds in den Schoß, der am Freitag mit den Stimmen der zwei Regierungsparteien und mindestens auch der Grünen durch den Nationalrat geschleust werden wird. Der zumeist knorrige Finanzrechner Sausgruber, VP-Landeshauptmann in Vorarlberg, demonstrierte dabei die menschliche Seite seines Autonomiebewusstseins und gab die Blockade gegen eine unbefristete Lösung auf. Das habe er aus Gründen der gemeinsamen Lösung getan, bestätigte ihm Burgstaller, und das finde sie sehr fair.
Rechnet man dazu, dass es sogar dem Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) gelang, eine nach 56 Jahren kaum noch erwartete Einigung in der Ortstafelfrage herbeizuführen, so scheint derzeit die Lage für die Bundesstaatsreform nicht mehr ganz so hoffnungslos zu sein wie noch vor einem Jahr. Wobei sofort einzuschränken ist: Mit der singulären Ausnahme der Ortstafeleinigung ist bisher nichts geschehen, was auf eine substanzielle Wende hindeutete. Das Erlebnis liegt im Atmosphärischen, wobei auffällt, dass sich auch schwarze Landeshäuptlinge dazu herbeilassen, Kreide zu schlucken.
Der budgetäre Stabilitätspakt zwischen Bund und Ländern ist zwar festgezurrt und mit Sanktionen abgesichert, aber daran gehalten haben sich die Länder bisher noch nie. Bildungs- und Krankenhausreformen stehen aus. Was mit dem Bundesheer geschehen soll, interessiert auch die Länder mit Blick auf das Pflegepersonal sehr stark.
Es wird also noch einiger Anstrengungen bedürfen, bis Pühringers Föderalismusumfrage ihren Wert für den Gesamtstaat nachweist. 64 Prozent der Befragten hätten sich dafür ausgesprochen, dass die Länder ihre Probleme selbst regeln. "Das zeigt eindeutig, dass die Leute bürgernahe Politik und eine funktionierende Zusammenarbeit der politischen Ebenen wollen und nicht eine kindische Streiterei."
Der Autor ist Sprecher der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Journalist für "Wirtschaftsblatt", "Presse" und "Salzburger Nachrichten".