Klausur über die Zukunft der Länderkammer. | Keine Visionen, sondern Machbarkeit im Vordergrund. | Wunsch nach Änderung der Geschäftsordnung. | Baden. Gelebter Föderalismus sei das Ziel. Derzeit stünden aber nicht Länderinteressen im Zentrum des Handelns der Bundesratsabgeordneten, sondern diese seien der verlängerte Arm der Parteiinteressen. "Das tut dem Bundesrat nicht gut", fasste die derzeitige Bundesratspräsidentin, ÖVP-Bürgermeisterin in Maria Lanzendorf (NÖ), Sissy Roth-Halvax, das Selbstverständnis in der Länderkammer zusammen.
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Sie hat daher die 62 Bundesräte am Donnerstag zu einer so genannten "Open-Space"-Konferenz nach Baden gebeten. Fernab von Länder- und vor allem Fraktionszwängen sollten die Mandatare - übrigens zum ersten Mal - zukünftige Aufgaben diskutiert.
Es sei klug, dass die Bundesräte einmal selbst ihre Arbeit reflektieren, sagte Harald Himmer (seit elf Jahren Wiener Bundesrat, ÖVP). "Sonst reden ständig irgendwelche Ahnungslosen", wobei er sich auf diverse Wortmeldungen zur Abschaffung der zweiten Kammer bezog.
Landeshauptleute in den Bundesrat
Für Himmer wäre schon etwas getan, wenn die Landeshauptleute im Bundesrat vertreten wären und ihm durch ihre Mitwirkung mehr Substanz geben würden. Anstatt in Landeshauptleutekonferenzen die Energiepolitik zu bestimmen, könnten sie sich im Parlament ein Match mit der Regierung liefern. Ein weiteres Anliegen ist ihm die Zuständigkeit für die Finanzausgleichsverhandlungen. Denn dort gehe es um die Verteilung der Mittel an die Länder. Wer sonst als die Länderkammer sollte daher darüber befinden? Der erfahrene SPÖ-Fraktionsführer Albrecht Konecny - er ist seit 19 Jahren Bundesrat - wünscht sich bessere Arbeitsbedingungen. Bundesräte hätten keine Assistenten ohne die sich etwa Nationalräte ihre Arbeit gar nicht mehr vorstellen könnten. Und ihre Unterstützung im Klub hänge von der Rangordnung ab.
Rederecht in NR-Ausschüssen
Es müsste eine frühestmögliche Einschaltung in den Gesetzgebungsprozess geben und zwar formell und praktisch. Bundesräte hätten nur die Möglichkeit, zu einem Gesetz ja oder nein zu sagen, einbringen könnten sie sich nicht. Konecny wünscht sich daher, dass die Bundesräte mit Rederecht, aber ohne Stimmrecht, an den Ausschusssitzungen des Nationalrates teilnehmen können. Er war selbst einmal im Nationalrat und weiß daher wovon er spricht. Denn natürlich würde nach Fraktionen abgestimmt, Formulierungen würden aber in der Ausschussarbeit sehr oft übergreifend gefunden. Auch Stefan Schennach, seit fünf Jahren für die Wiener Grünen im Bundesrat, wünscht sich eine Änderung der Geschäftsordnung. "Unsere Gesetzesinitiativen verstauben im Nationalrat." Er fordert daher eine verpflichtende Behandlung innerhalb eines halben Jahres. Auch Schennach kann sich gemeinsame Ausschüsse des National- und Bundesrates vorstellen. Von einer Abschaffung der Länderkammer will der Grüne nichts hören: "Nur die Nazis haben demokratische Institutionen abgeschafft."
+++ Der Bundesrat