Ob Johanna Mikl-Leitner eine Mehrheit als Landeshauptfrau findet, ist derzeit offen. Was passiert, wenn nicht, ebenso.
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Eine gute Woche hat die ÖVP noch Zeit. Dann muss bei der konstituierenden Sitzung des niederösterreichischen Landtags die Landeshauptfrau gewählt werden - oder der Landeshauptmann. Denn ob Johanna Mikl-Leitner eine Mehrheit der Landtagsabgeordneten hinter sich vereinen kann, scheint zumindest nicht mehr in Stein gemeißelt.
Nachdem die ÖVP vergangene Woche die Verhandlungen mit der SPÖ zu einer Zusammenarbeit in der nach dem Proporzsystem besetzten Landesregierung abgebrochen hat, ringt man nun mit FPÖ um einen gemeinsamen Nenner. Schwierig könnte das etwa beim Thema Corona werden. FPÖ-Chef Udo Landbauer forderte zuletzt etwa eine Rückzahlung aller Corona-Strafen sowie eine "Entschädigung von Impfschäden".
Die Noch-Landeshauptfrau reagierte am Dienstag via Presseaussendung. Sie sei gerne bereit, die Corona-Zeit "offen und ehrlich" aufzuarbeiten, wird Mikl-Leitner darin zitiert, aber "Aufrichtigkeit ist keine Einbahnstraße". Zwar sei etwa die Impfpflicht aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, im Herbst 2021 sei diese aber etwa von der Ärztekammer nach "bestem Wissen und Gewissen" gefordert worden. Man müsse nun Gräben schließen und aufeinander zugehen.
Doch in einem anderen Punkt könnte das "aufeinander Zugehen" noch schwieriger werden. Denn die FPÖ will Mikl-Leitner partout nicht zur Landeshauptfrau wählen. Das habe Landbauer seinen Wählern "versprochen". Auch, dass die blauen Abgeordneten den Raum verlassen, um eine Wahl der schwarzen Landesmutter zu ermöglichen, schließt Landbauer mittlerweile aus.
"Versprechen" bezieht sich auf Mikl-Leitner
Vage bleibt der FPÖ-Klub in der Frage, wie man mit einem potenziellen anderen ÖVP-Kandidaten umgehen würde, man wolle sich nicht in die Personalentscheidungen anderer Parteien einmischen. Das "Versprechen" Landbauers beziehe sich aber explizit auf die Person Johanna Mikl-Leitner, heißt es auf Nachfrage. Bleiben die Blauen dabei, wäre Mikl-Leitner entweder auf die Stimmen der SPÖ oder der gemeinsamen Zustimmung von Grünen und Neos angewiesen. Doch auch über diesen Varianten steht aktuell ein Fragezeichen. Aus der SPÖ heißt es gegenüber der "Wiener Zeitung", man habe noch keine endgültige Entscheidung gefällt, diese werde man an Inhalte und nicht an Personalia knüpfen.
Grüne und Neos, die zwar keine Landesräte in der Proporzregierung stellen, im Landtag aber vertreten sind, kündigten bei einer Pressekonferenz am Dienstag an, ihre Entscheidung für oder gegen Mikl-Leitner ebenfalls von Inhalten abhängig zu machen. Grünen-Spitzenkandidatin Helga Krismer schlug vor, ein "neues Gesicht" an die Spitze des Landes zu stellen. Diese Person könne auch aus der ÖVP kommen, aber "uns rennt die Zeit davon". ÖVP-Urgestein Andreas Khol warnte vorige Woche in der Puls24-Sendung "Wild umstritten" vor einer "Geschäftsordnungskrise entsprechend dem 4. März 1933", sollte sich am 23. März keine Mehrheit für einen Landeshauptmann oder eine Landeshauptfrau finden. Das klingt drastisch.
Doch tatsächlich sieht das niederösterreichische Landesverfassungsgesetz keine Regelung vor, wie mit einer solchen Situation umzugehen wäre. In Artikel 35 des Gesetzes heißt es nur: "Der Landeshauptmann wird vom Landtag in einem eigenen Wahlgang mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt." Das gilt auch für die Stellvertreter, die laut Landesverfassung dem jüngsten Wahlergebnis nach von ÖVP und FPÖ gestellt werden müssen. In Artikel 37 wird zudem erläutert: "Sie (die Landesregierung, Anm.) bleibt (...) im Amt, bis der neue Landtag eine neue Landesregierung gewählt hat und diese angelobt wurde."
Was das in der Praxis bedeutet, ist nicht ganz klar. In der Landtagsdirektion gehen die Juristen jedenfalls davon aus, "dass die Parteien sich einigen, wie es von der Landesverfassung vorgesehen ist". Plan B gäbe es keinen. "Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen", sagt ein Sprecher der Behörde. Immerhin: Derzeit ist die aus ÖVP, SPÖ und FPÖ zusammengesetzte Landesregierung noch handlungsfähig. Am Dienstag wurde - einstimmig - eine neue Verordnung zur Erleichterung der Vergrämung oder des Abschusses von Wölfen erlassen.