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Die Leere in Fanggebiet Nummer 34

Von Konstanze Walther

Politik

Europas Fischzug vor Westafrika lässt Küstenbewohner hungrig zurück.


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Wien/Accra."FAO Fanggebiet Nummer 34". Was bürokratisch klingt, ist der Herkunftsort eines überwältigenden Anteils des Fisches in europäischen Supermarktregalen. Allerdings liegt das Fanggebiet 34 nicht in Europa, sondern zieht sich von Marokko bis zur Republik Kongo an der westafrikanischen Küste im Atlantischen Ozean. Thunfischdosen in Österreichs Regalen, von "Vier Diamanten" über "Rio Mare" geben alle dieses Fanggebiet im Mittleren Ostatlantik als Herkunftsland an. Und Thunfisch ist beliebt. In Österreich werden rund 3500 Tonnen jährlich konsumiert. Die aktuelle Untersuchung der Marktforschung AC Nielsen (exklusive Hofer/Lidl) zeigt einen Zuwachs von 1,4 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.

Thunfisch kann nicht gezüchtet werden, sondern nur gefangen - mit unterschiedlich Methoden.

Die großen Trawler, die unter europäischen Flaggen (betrieben von privaten Unternehmen) fischen, sind etwa beim Ausfischen des Gewässers so gründlich, dass für die Küstenbewohner kaum etwas übrig bleibt. Das erklärt sich mit der Überkapazität der europäischen Flotte, die schon von der Europäischen Kommission kritisiert worden ist. Da die europäischen Gewässer schon zum Teil leer gefischt worden sind, drängen immer mehr Schiffe nach Westafrika - 60 Prozent des in Europa verzehrten Fisches wird importiert.

In Afrika "fehlt bereits jeder zweite gefangene Meeresfisch den Menschen, die in den Küstenregionen vom und durch Fisch leben", erklärt Christina Schröder von der Entwicklungshilfeorganisation Südwind, die auf die sozialen Probleme des Fischfangs vor Westafrika, dem Fanggebiet Nummer 34, aufmerksam machen möchte.

In Westafrika haben viele Staaten Kooperationsabkommen mit der EU abgeschlossen. Sie räumen so den großen Schiffen aus dem Ausland die Erlaubnis ein, zu fischen. Lokale Boote haben dagegen kaum eine Chance - die Fischer kommen oft mit leeren Netzen zum Strand zurück. Dabei gilt Fisch etwa in Ghana als wichtigste Quelle für tierisches Eiweiß. Ghana hat nicht einmal ein Kooperationsabkommen mit der EU. Trotzdem leidet das Land unter der Überfischung seiner Nachbargewässer und kämpft mit illegaler Fischerei. Oft sichten örtliche Fischer große, anonymisierte Trawler, berichten Mitarbeiterinnen von Südwind, die sich vor kurzem in Ghana selbst ein Bild gemacht haben. Bis zu 30 Prozent der weltweit gefangenen Fische kommen laut EU aus illegalem Fang.

Südwind interveniert nun bei den Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Gerade Österreich als Binnenland, das nicht unter Druck der Schifffahrtslobby steht, solle sich hier starkmachen.