Zum Hauptinhalt springen

Die leeren Strände im Paradies

Von Can Merey

Wirtschaft
Die Tsunami-Schäden sind längst beseitigt, die Urlauber bleiben dennoch aus. illuscope

Auswirkungen des Tsunami noch immer spürbar. | Tourismus als Überlebensfrage. | Colombo. (dpa) Blau schimmert das Wasser bis zum Horizont, sanfte Wellen schlagen an die Traumstrände, Palmen wiegen sich im Wind. Während Europa unter Schmuddelwetter leidet, scheint die Tropensonne über Sri Lanka und den benachbarten Malediven. Zu Weihnachten ist in der Region Hochsaison - eigentlich.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Vor einem Jahr waren die Hotels lange vor dem Dezember ausgebucht, doch dann brachen die Flutwellen über die asiatischen Stränden herein. Während der Tourismus im betroffenen Südwesten Thailands seine Wiederauferstehung zu erleben scheint, bleiben viele Urlauber Sri Lanka und den Malediven fern - obwohl die meisten Tsunami-Schäden längst beseitigt wurden.

Die offiziellen

Zahlen trügen

Zwar weist die offizielle Statistik in Sri Lanka in den ersten zehn Monaten des Jahres sogar eine Zunahme der Touristenzahlen um 3,4 Prozent auf knapp 450.000 Besucher aus - doch die Zahlen trügen: Die nach dem Tsunami massenhaft eingereisten Helfer und Journalisten wurden bei der Einreise monatelang als Touristen erfasst. "Wir spüren die Auswirkungen des Tsunami immer noch sehr extrem", sagt Michael Weyland, der deutsche Manager des Hotels Lanka Princess in Aluthgama, in dem keine Tsunami-Schäden mehr zu sehen sind. "Die Situation ist nach wie vor in keinster Weise erfreulich."

Seit der Katastrophe blieben die Urlauberzahlen um rund 50 Prozent unter denen des Vorjahres, klagt Weyland. "Weihnachten und Silvester werden wir hier keine 100 Gäste haben" - statt der früher üblichen 200.

Bittere Folgen hat das Ausbleiben der Urlauber für die Einheimischen, die an der Südküste von kaum etwas anderem als von Fischfang und Tourismus leben können. Am 26. Dezember 2004, dem Tag, an dem die Wellen kamen, beschäftigte das Hotel 356 Menschen. Heute sind es noch 270 und das sei noch zuviel, sagt Weyland. "Wir machen das nur noch aus Sozialverantwortung, von jedem Gehalt hier müssen zehn Menschen leben."

Ein Drittel der

Wirtschaftsleistung

Auch für viele Malediver ist der Tourismus eine echte Überlebensfrage: Der Wirtschaftszweig macht ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Auf der Inselkette wurde im Dezember 2004 noch ein Rekord aufgestellt, der 600 000. Besucher des Jahres bekam eine Woche Gratis-Urlaub geschenkt - dann schlug der Tsunami zu. Weitere Rekorde sind seitdem in weite Ferne gerückt, das Tauchparadies verzeichnete in den ersten zehn Monaten dieses Jahres einen Einbruch der Besucherzahlen um rund 40 Prozent auf nur noch gut 300.000. Ohne eine aggressive Werbekampagne der Tourismusbehörde nach der Katastrophe wären die Zahlen noch schlechter ausgefallen, glaubt der Botschafter der Malediven in Sri Lanka, Mohamad Asim.

"Die Deutschen haben nicht die schönen realistischen Bilder vor Augen, sondern die der Katastrophe vom 26. Dezember", sagt Weyland. "Dabei sieht es an den Urlaubsstränden tendenziell aus wie vor dem Tsunami." Die Regierung in Colombo habe zu wenig unternommen, das Bild zu korrigieren - für Weyland einer der Hauptgründe, dass die Urlauber ausbleiben.

Auch auf den Malediven dürfte die Nachricht, dass die Flutwellen des Tsunami 69 der 199 bewohnten Inseln komplett überspülten, potenzielle Besucher abgeschreckt haben. Dabei operieren dort schon lange fast alle Hotels wieder so, als wäre nichts gewesen.