Zum Hauptinhalt springen

Die Lehre der Conchita Wurst

Von Edwin Baumgartner

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Mann als Frau mit Bart hat dem Song Contest seinen Stempel aufgedrückt. Und das keineswegs nur mit einem tollen Lied. Mit einem Mal war sogar bei diesem Wettbewerb der Stromlinienförmigkeit klar, dass hinter Stars nicht nur gute Melodien und aufgeputschte Arrangements stehen, sondern auch Geschichten.

Für Finnland geht zum Beispiel heuer die Punkband Pertti Kurikan Nimipäivät (PKN) ins Rennen: Drei von vier Bandmitgliedern haben das Down-Syndrom, einer ist Autist. Polen wiederum schickt Monika Kuszynska nach Wien: Die ehemalige Sängerin der Rockband Varius Manx hebt sich nicht nur dadurch ab, dass sie wirklich singen kann: Sie ist seit einem Autounfall querschnittgelähmt und benützt einen Rollstuhl. In Polen hat es ihrer Karriere nicht geschadet. "Sondern eher wohl geholfen", ätzen jene, die vermeinen, der Mitleidseffekt könne auf Dauer ein Karrieremotor sein. Selbstverständlich liegt darin eine gewisse Gefahr: Nicht, dass PKN oder die Kuszynska, sollten sie gewinnen, wirklich wegen ihrer Behinderungen als Sieger aus dem Bewerb hervorgingen. Aber die Neider werden die entsprechenden Vorwürfe zweifellos mehr oder weniger direkt erheben.

Andererseits: Für die Homosexuellen und Transgender zumindest im deutschen Sprachraum hat Conchita Wurst mehr erreicht als alle Gleichstellungsbeauftragten zusammen - deren Leistung nicht geschmälert sei. Aber Anliegen verbindet man am besten eben mit einer Person, mit einer Geschichte. Wenn PKN und die Kuszynska nicht mehr erreichen, als diese Lehre der Conchita Wurst fortzuführen, ist das bereits ein großer Schritt in die richtige Richtung.