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Die Lehre der laufenden Mäuse

Von Heiner Boberski

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Dass Langstreckenläufer in ein Glücksgefühl geraten können, das sie Schmerz und Anstrengung vergessen lässt, ist keine Neuigkeit (wenn auch für viele Leute kaum nachvollziehbar). Aber bei der Ursache dafür lag man bisher offenbar falsch, meinen die deutschen Forscher Johannes Fuß (Hamburg-Eppendorf), den alle ekstatischen Zustände interessieren ("sowohl beim Sport als auch bei der Sexualität"), und Peter Gass (Mannheim) im renommierten US-Journal "Pnas". Denn für sie liegt das "Läuferhoch" nicht an der Ausschüttung von Endorphinen, sondern am Anstieg anderer körpereigener Stoffe im Blut, der Endocannabinoide.

Ob die dafür getesteten Mäusen, die sich fünf Stunden lang in Laufrädern abstrampeln mussten, wirklich Glück empfanden, ist nicht beweisbar. Aber dass sie danach weniger Schmerzempfinden und weniger Angst zeigten, war eindeutig feststellbar. Blockierten die Forscher die Endocannabinoid-Rezeptoren, blieb diese positive Wirkung aus, doch eine Blockade der Endorphin-Rezeptoren erwies sich als effektlos.

Bei Mäusen und Menschen dürften die all dem zugrunde liegenden Mechanismen ähnlich sein, sagen die Forscher. Den Menschen, so der Sportpsychologe Heiko Ziemainz (Erlangen-Nürnberg), kann Sport sogar süchtig machen. Der Sportbesessene vernachlässigt sein soziales Umfeld, leidet, wenn er nicht zum Sporteln kommt, unter Entzugserscheinungen und wird aggressiv und unruhig. Das Leben ist und bleibt eben eine Gratwanderung. Zwischen Trübsal und Glück, zwischen Frust und Lust, zwischen Euphorie und Sucht. Wohl dem, der das richtige Maß findet.