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"Ich find' das cool." Die neunjährige Sophie, Schülerin der 4. Klasse Volksschule Diesterweggasse, Wien 14, hat nichts gegen einen schulfreien Tag mitten in der Woche. "Das könnten sie ruhig öfter machen", meinte sie. Ob sie denn wisse, warum die Lehrerinnen und Lehrer streiken? "Ja, wegen der Pensionsreform." - "Und was ist eine Pension?" - "Da bekommt man Geld, wenn man nicht mehr arbeitet."
Genau darum geht es, die Frage ist aber, wieviel. "Wir haben unter völlig anderen Bedingungen unseren Dienst angetreten. Jetzt wird unsere Lebensplanung zerstört", beklagt eine Mathematiklehrerin an der Josef-Schöffel-Hauptschule in Purkersdorf.
Schulische Belange sollten laut Gewerkschaft zwar keine erledigt werden, in der Volksschule Treustraße, Wien 20, nutzten die LehrerInnen aber die Zeit, um aufzuräumen. Arbeit hätte sie bis am Abend gehabt, meinte eine Religionslehrerin. Die meisten Schulen beschlossen Resolutionen gegen die zu kurzen Übergangsfristen unterzeichnet. Schließlich habe man sich mit niedrigen Anfangsgehältern begnügt in der Hoffnung auf eine höhere Pension. "Jetzt hat man am Anfang nichts und dann auch nicht. Die beamteten Lehrer erhalten auch keine Abfertigung."
Man habe zwar Verständnis dafür, dass etwas geschehen muss, "nur nicht in dieser Form", sagt Sophies Klassenlehrerin. Überrascht zeigte sich die erfahrene Pädagogin darüber, dass kein einziges Kind in die Schule gekommen ist.
Dass die LehrerInnen bei ihrem Streik nicht gestört wurden, dafür sorgten die Schulwarte. Sie warteten an den Schultoren, ob sich nicht doch ein Kind verirrt. Kein Kind, sondern ein Vater wurde in einer Volksschule nicht vorgelassen. Er wollte für das nahende Schulfest Holz liefern. Der Schulwart allerdings befand, dass Eltern an Streiktagen keine schulischen Belange mit LehrerInnen klären könnten.