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Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind mit dem Führungsverhalten ihrer Vorgesetzten unzufrieden. Die Vorgesetzten wiederum leiden häufig am eigenen Unwissen darüber, was Mitarbeiterführung eigentlich bedeutet. Gemeinsam wollen die Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich und das Zentrum für Soziale Kompetenz an der Universität Linz Abhilfe schaffen und haben dafür ein seit Mai vergangenen Jahres durchgeführtes Forschungsprojekt ausgewertet.
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Bei der Präsentation der vorläufigen Ergebnisse des Projektes ging es sowohl um die Probleme auf Führungsebene als auch um jene auf Mitarbeiterseite. Die Analyse der Arbeitssituation mittlerer Führungskräfte ergab, dass sich viele ManagerInnen auf ihre Führungsaufgaben mangelhaft vorbereitet fühlen - worunter auch die MitarbeiterInnen leiden. Die Spannungsfelder zwischen Führungskräften und Untergebenen würden auch aus dem Dilemma zwischen den Vorgaben "von oben" und den Erwartungen der MitarbeiterInnen "von unten" resultieren, erklärte AK-Vizepräsident Hans Kalliauer, der die Studie gemeinsam mit dem Leiter des Zentrums für soziale Kompetenz, Univ.-Prof. Herbert Altrichter, in Linz vorstellte.
Klares Rollenbild für Vorgesetzte gefordert
Viele MitarbeiterInnen würden über zu wenig Information über tägliche Arbeitsangelegenheiten, über zu wenig Zeit für Kommunikation und über zu wenig Anerkennung von seiten der Chefs klagen, wie aus der Studie hervorgeht. Die AK fordert daher bei der Auswahl von Führungskräften eine stärkere Beachtung der sozialen Kompetenz und ein Hinterfragen rein fachlich orientierter Besetzungskriterien. Für Kalliauer gehören auch gezielte Vorbereitung auf Führungsaufgaben, entsprechende Weiterbildung und Coaching für Führungskräfte zu den Pflichten verantwortungsvoller Arbeitgeber. Ganz allgemein, betont Kalliauer, müsse endlich "ein klareres Rollenbild für betriebliche Vorgesetzte im Hinblick auf ihre Führungsaufgaben entwickelt" werden.
Vom "Alten Eisen" zu den "Rotzbuben"
Vergangenen Dienstag fand ein Symposium der AK und des Zentrums für Soziale Kompetenz statt, das unter dem Titel "Vom alten Eisen und anderem Ballast" stand. Dabei ging es um Tabus und Schattenseiten, aber auch um erfolgversprechende Perspektiven in betrieblichen Veränderungsprozessen. Teilgenommen haben rund 150 Führungskräfte, Personalverantwortliche, Betriebsräte, Unternehmensberater und Wissenschaftler. Eröffnet wurde die Tagung von Vizerektor Univ.-Prof. Friedrich Schneider und AK-Präsident Hubert Wipplinger, der eine bessere Ausbildung für Führungskräfte im Bereich der sozialen Kompetenz forderte. In der Vergangenheit habe man sich mehr auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, die soziale Absicherung oder auf den Arbeitnehmerschutz konzentriert. Die Veränderungen in den Betrieben und die dabei entstehenden neuen Arbeitsverhältnisse würden auch in diesen Bereichen zunehmend Anpassungen erfordern, ortet Wipplinger Veränderungen: "Heute geht es um die MitarbeiterInnen und um die Führungskräfte der verschiedenen Ebenen. Es geht um den Umgang miteinander im Betrieb und darum, was Veränderungen bei den Menschen auslösen."
Zu einem zentralen Diskussionsthema wurde bei der Tagung die Frage, ob Unternehmensberater lediglich die "Schmutzarbeit" im Rahmen von Unternehmensrestrukturierungen übernehmen würden. Dem von einer Beraterin geäußerten Selbstverständnis, "Wir begleiten, helfen und beraten bei Veränderungsprozessen", setzte ein von zahlreichen Umstrukturierungsprozessen geschädigter Betriebsrat entgegen: "Da kommt so ein 25-jähriger Rotzbub und erklärt einem 50jährigen Arbeitnehmer, dass er sein Leben lang alles falsch gemacht hat." Manfred Polzer, Leiter der Abteilung AK Consult und Berater von Betriebsräten in Veränderungsprozessen, verspricht sich Abhilfe in solchen Spannungssituationen durch eine ausgewogene Balance zwischen Veränderung und Sicherheitsbedürfnis der MitarbeiterInnen. Ein Paradigmenwechsel von Sicherheit und Kontinuität hin zu Veränderung und Mobilität sei ein Lebensprojekt und könne "nicht in einem Jahr durchgezogen" werden. Das Um und Auf einer erfolgreichen Umstrukturierung sei in jedem Fall ausreichend Information und Transparenz.
Führung ohne Zwang und Sanktionen
Die neuen Managementtechniken würden auch die Selbstständigkeit der ArbeitnehmerInnen fördern, streicht der deutsche Philosoph und Arbeitnehmervertreter-Berater Klaus Peters Positives heraus. Verändern müssten sich die Strategien der Personalvertreter hin zur "Initiierung gemeinsamer Verständigungsprozesse an der Basis". Neue Herausforderungen kämen auf Personalvertreter zu: "Dann hat man nämlich mit einer Situation zu kämpfen, in der gerade zu systematisch zweideutig wird, was die MitarbeiterInnen eines Unternehmens selbst wollen und worin ihr eigenes Interesse liegt." Gelöst werden müsse das neue Problem, wie selbstständiges Handeln von Menschen so in Beschäftigungsverhältnisse eingebunden werde, dass Organisationsstrukturen in Unternehmen "nicht gesprengt werden".
Gegen Zwang und Sanktionen seitens der Arbeitgeber setzt er seine Überzeugung, dass Führung "auch ohne Befehl und Gehorsam, ohne Zwang und Kontrolle möglich" sei: "Das Verständnis der neuen Managementformen hängt ganz davon ab, dass wir unsere Hypnotisierung durch das Kommandosystem durchbrechen und Unternehmensorganisation auf neue Art zu denken lernen." Und, so Polzer: "Es müssen sich auch die Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein. Sie sind auch dafür verantwortlich, im Ernstfall die Chancen ihrer Mitarbeiter auf einen neuen Arbeitsplatz zu wahren."