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Die letzte Chance, bevor die Krise zur unendlichen Geschichte wird

Von Hermann Sileitsch

Analysen

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Seit Anfang 2010 wälzen die EU-Granden Pläne, wie die Schulden- und Bankenkrise der Eurozone gelöst werden kann. Wer weiß, dass die Staatengemeinschaft eher mit der Wendigkeit eines Flugzeugträgers manövriert als mit der jenes Schnellbootes, das sich die Finanzmärkte wünschen würden, muss konstatieren: Es wurden beachtliche Fortschritte im Sinne der Solidarität, Zusammenarbeit und wirtschaftspolitischen Integration gemacht.

Hochdotierte Rettungsschirme und Hilfskredite, die frühzeitige Offenlegung nationaler Budgetentwürfe, abgestimmte Bankenrettungsaktionen, eine europaweite Finanzmarktaufsicht und, und, und: Das hat es vorher nie gegeben. Allerdings war es noch zu wenig, um das zentrale Versprechen - nämlich die Krise endgültig einzudämmen - einzulösen. Wenn es darauf ankam, wurden die EU-Politiker nämlich von Angst vor der eigenen Courage erfasst - sie haben das Nötigste getan, aber nie das Notwendige. Scheibchenweise mussten sie sich dann Zugeständnisse abringen lassen, zu denen sie vorher nicht bereit waren. Darunter hat die Glaubwürdigkeit der EU-Politik gelitten, deshalb müssen die Entscheidungsträger nun damit leben, dass ihnen seitens der Märkte mit einem Misstrauensvorschuss begegnet wird.

Jetzt ist die letzte Chance für einen Befreiungsschlag. Wird diese verpasst, besteht die Gefahr, dass Italien in Richtung Staatsbankrott gedrängt wird. Damit ginge das Endspiel um die Euro-Rettung wohl endgültig verloren.

Was braucht es, um das Vertrauen der Märkte - also letztlich die Gesamtheit aller Anleger, vom Kleinsparer über den risikoscheuen Pensionsfonds bis zum Hardcore-Spekulanten - zu überzeugen? Zuallererst das, woran es am meisten mangelt: Geld. Am besten viel Geld. Oder besser noch mehr Geld: für den aufgestockten Eurohilfsfonds EFSF, für die Rekapitalisierung der Banken, für das neue Hilfspaket und den Schuldennachlass für Griechenland. Das sind die akuten Fragen, die beantwortet werden müssen. Mindestens ebenso wichtig ist aber die Frage, wo Wachstum herkommen soll. Denn wenn die EU in die Rezession zurückfällt, sind alle Krisenpläne Makulatur.