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Die letzte Woche wird entscheiden

Von Walter Hämmerle

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Die Parteien starten jetzt ihre Schlussoffensiven vor der Wahl. Schließlich sind viele Stimmberechtigte noch unentschlossen. | Auch eine Woche vor der Nationalratswahl ist die Zahl der Unentschlossenen ungebrochen hoch. Kein Wunder, dass sich noch keine Partei geschlagen gibt: Weder die ÖVP der SPÖ im Kampf um Platz eins, noch die Grünen der FPÖ um Rang drei oder das LIF in der Zitterpartie gegen die Vier-Prozenthürde.


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"Ich glaube nicht, dass das Rennen bereits entschieden ist", widerspricht Meinungsforscher Günther Ogris (Sora) der These, wonach sich bestehende Trends in den letzten Tagen vor der Wahl allenfalls verstärken oder abschwächen, keinesfalls aber umdrehen lassen würden. Entscheidend werde der Endspurt der Parteien werden, prognostiziert Ogris: "Wir werden in den letzten Wahlkampftagen eine enorme Materialschlacht erleben, die wird im Zusammenspiel mit den Wählermobilisierung der Aktivisten im Familien- und Freundeskreis den Ausschlag geben."

Keine Prognose traut sich Ogris im Bezug auf die Folgen der Finanzmarktkrise auf die Wähler zu. "Bedroht fühlen sich jetzt Leute, die etwas mehr Geld haben, die davon ausgehende Unruhe wird also vor allem die Mittelschicht betreffen."

Offen ist jedoch, wie diese reagieren wird - das Bedürfnis nach Sicherheit werde aber jedenfalls steigen, ist Ogris überzeugt. Ob dies Populisten oder seriöseren Befürwortern staatlicher Konjunkturpakete, wie sie jetzt diskutiert werden, zugute komme, werde erst der Wahlabend zeigen.

Trotz aller Unsicherheit, ist eines gewiss: Selbst die stärkste Partei wird sich am Abend des 28. Septembers allenfalls halbherzig freuen können. Egal, ob nun die favorisierte SPÖ oder die Volkspartei auf Platz eins zu liegen kommt, das Wahlergebnis wird einen Absturz für beide bedeuten. Auch der "Sieger" wird kaum die 30-Prozent-Marke übersprungen haben.

Zur Veranschaulichung der Situation: Die derzeitigen hochgerechneten Umfrageergebnisse von knapp unter 30 Prozent erzielten SPÖ und ÖVP bei den Wahlen 2006 in den Rohdaten.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das Rennen um Platz eins von den rot-schwarzen Kernwählern entschieden wird, die Wechselwähler dürften dieses Mal fast ausschließlich für die Protestparteien stimmen. Das ist der Preis, den Rot-Schwarz für die Performance der letzten 18 Monate zu zahlen hat.

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Zufälle sind in der Politik höchst selten - und schon gar nicht treten sie in Wahlkämpfen auf. Hinter den dieser Tage wieder aufgekochten Vorwürfen gegen das Liberale Forum - illegale Parteienfinanzierung in Ungarn, Lobbying für Eurofighter - steckt daher wohl vor allem eines: politisches Kalkül.

Verpasst das LIF den Einzug in den Nationalrat, dürfte es eine bequeme parlamentarische rot-blaue Mehrheit geben. Das heißt nicht, dass SPÖ-Chef Werner Faymann tatsächlich eine Koalition mit Heinz-Christian Straches FPÖ anstrebt. Aber es gibt der SPÖ das beste Blatt für die Regierungsverhandlungen.

Vor allem gegenüber der ÖVP befände sich Faymann dann in einer äußerst bequemen Position: Sollte diese die "rote Krot" nicht schlucken, hätte eine Minderheitsregierung erstmals seit 38 Jahren realistische Chancen auf Umsetzung. Schon damals ließ sich die SPÖ unter Bruno Kreisky von der FPÖ tolerieren.

Die zweiten Nutznießer einer liberalen Niederlage wären übrigens die Grünen. Das deutet darauf hin, dass die Hoffnungen auf eine Ampel-Mehrheit von SPÖ, Grünen und Liberalen sich zerstoben haben.