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Die letzten Tage des Ex-Cavaliere

Von WZ-Korrespondent Julius Müller-Meiningen

Politik

Bei den Lokalwahlen in Trentino-Südtirol blieb Silvio Berlusconis "Forza Italia" unter der Wahrnehmungsschwelle. Nun gehen auch noch alte Weggefährten.


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Rom. Ist es das Ende für den einst umstrittensten Politiker des Kontinents? 3,6 Prozent in Bozen. 4,2 Prozent in Trient. So lauteten die Ergebnisse bei den Kommunalwahlen in Trentino-Südtirol am vergangenen Wochenende für Silvio Berlusconis Partei "Forza Italia". Viele fragen sich, warum sich der viermalige italienische Ministerpräsident das eigentlich noch antut.

"Ich würde mich an seiner Stelle aufs Altenteil zurückziehen, meinen Wohlstand genießen und mich um den AC Mailand kümmern", sagte Matteo Salvini, Chef der Lega Nord. Die Rechtspartei, die gerne fremdenfeindliche Töne anschlägt, ist inzwischen zum größten Konkurrenten der Berlusconi-Bewegung im konservativen Parteispektrum geworden. Aber Berlusconi, der im September 79 Jahre alt wird, will immer noch nicht ganz lassen von der Politik.

Ende des Monats stehen in Italien Wahlen in sieben Regionen an. Der wegen Steuerbetrugs verurteilte Ex-Cavaliere, der bis 2019 kein politisches Amt besetzen darf, will offenbar retten, was zu retten ist. Er plant Wahlkampfauftritte in den kommenden Tagen. Am Samstag war er beim Abgang vom Podium ins Straucheln geraten und auf die Knie gestürzt. Ein symptomatisches Bild. Doch Berlusconi rappelte sich wieder auf, griff zum Mikrofon und witzelte: "Das war die Schuld der Linken."

Seit Premier Matteo Renzi in Rom das Sagen hat, wird es für Berlusconi immer ungemütlicher. Renzi, der seine linke Demokratische Partei weit in die politische Mitte führt, gräbt seinen Gegnern das Wasser ab. Ein Reform-Pakt zwischen Renzi und Berlusconi hielt nur bis Februar, zur Wahl des neuen Staatspräsidenten Sergio Mattarella. Dessen Kandidatur drückte Renzi ohne Absprache durch. Berlusconis Adjutanten rieten ihm zum Bruch des Pakts. Seither geht es weiter bergab.

Nun stimmen auch die eigenen Leute den Abgesang auf Berlusconi an. Sandro Bondi, ein politischer Weggefährte seit 1994, kehrte Berlusconi bereits den Rücken. Der Senator Denis Verdini fabulierte jetzt von "den letzten Tagen von Pompei". Der EU-Parlamentarier Raffaele Fitto, der inzwischen zum schärfsten innerparteilichen Rivalen Berlusconis aufgestiegen ist und etwa 30 sogenannte Dissidenten im römischen Parlament um sich schart, stellte nach der Kommunalwahlschlappe fest: "Forza Italia gibt es nicht mehr." Auch die Umfrage-Institute sehen schwarz für den Medienunternehmer. "Berlusconis Anziehungsraft ist sehr geschwunden, aber ich würde ihn trotzdem nicht unterschätzen", sagt Marketing-Experte Antonio Noto. Landesweit gesehen rangiert die Berlusconi-Partei in den Umfragen bei rund 12,5 Prozent. Das ist wenig für eine Ex-Regierungspartei, aber für Berlusconi immer noch besser als gar nichts.

Symbolisch sind da fast schon die Verhandlungen um den Verkauf des AC Mailand, den Berlusconi früher auch zu Wahlkampfzwecken benutzte. Eine Milliarde Euro will der Präsident seit 1986 in den Spitzenklub gesteckt haben. Den Abschied von seinem teuren Spielzeug interpretieren viele Beobachter als Signal dafür, dass auch Berlusconi verstanden hat, welche Stunde es geschlagen hat.