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Hisbollah- und Aoun-Anhänger wollen Ministerien lahm legen. | Machtkampf vor Präsidentenwahl. | Beirut. Tausende Anhänger der libanesischen Opposition haben am Dienstag und Mittwoch vor den Ministerien in Beirut gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Regierung demonstriert. Die Kundgebung, zu der der die Gewerkschaft Allgemeiner Arbeitsbund (GLC) und Vertreter der von der Hisbollah angeführten Opposition aufgerufen hatten, soll den Auftakt bilden zu einer zweiten Phase von Protesten gegen die Regierung von Premierminister Fuad Siniora.
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#Steuererhöhungen heizen Protestwelle an
Sprecher warfen dem von europäischen und der US-amerikanischen Regierung unterstützten Kabinett Sinioras vor, durch Steuererhöhungen und die Privatisierung staatlicher Betriebe Arbeitnehmerrechte zu beschneiden.
Nach einer Zusammenkunft der Oppositionsgruppen in der Residenz des christlich-maronitischen Ex-Generals Michel Aoun erklärte der drusische Exminister Talal Arslan, dass die Proteste nach und nach vor alle Ministerien und öffentliche Einrichtungen ausgedehnt werden, "bis unsere Forderungen erfüllt sind".
Schon seit Anfang Dezember demonstrieren Tausende Anhänger von Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah und Aouns Freier Patriotischer Bewegung (FPM) unmittelbar vor dem Regierungssitz. Der Beschluss, mit einem Zeltlager die Regierung zum Rücktritt zu bewegen, fiel unmittelbar nach dem Austritt fünf schiitischer Minister aus dem Kabinett Mitte November. Da Siniora und seine wichtigsten Mitstreiter - neben Saad Hariri, dem Sohn des ermordeten Expremierministers, Rafik Hariri, sind das der drusische Vorsitzende der Sozialistischen Fortschrittspartei (PSP), Walid Dschumblatt, und der christlich-maronitische Chef der Forces Libanaises (FL), Joseph Gebeily - bislang nicht eingelenkt haben, kündigte das Oppositionsbündnis zu Wochenbeginn die Ausweitung ihrer Proteste an.
"Stellen Sie sich auf eine lange libanesische Seifenoper ein", kündigte Aoun an. Er gilt neben Nasrallah als starker Mann der Opposition, die von Hariri und Dschumblatt als Stellvertreter der iranischen und syrischen Regierungen diffamiert wird. Auch eine friedliche Blockade von Flughafen und wichtiger Verbindungsstraßen wollte der auf den im Herbst dieses Jahres frei werdenden Präsidentenposten spekulierende 71-jährige nicht ausschließen. Angesprochen auf die verheerenden Auswirkungen der Proteste auf die libanesische Konjunktur, die schon durch den Krieg mit Israel im Juli und August vergangenen Jahres geschwächt ist, sagte er: "Ein Patient, der operiert wird, beklagt sich anfangs über die Schmerzen, am Ende aber wird er von seiner Krankheit geheilt werden."
Vermittlungsversuch gescheitert
Im Dezember war eine Vermittlungsinitiative des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Amr Moussa, gescheitert. Sein Plan sah vor, Hisbollah, FPM und der schiitisch dominierten Amal-Bewegung von Parlamentspräsident Nabih Berri zehn Ministerposten zuzusprechen. Siniora und seine Verbündeten hätten 19 Kabinettssessel bekommen. Ein weiterer Minister ohne Stimmrecht hätte verhindern sollen, dass die Opposition durch Zweidrittelmehrheit übergangen worden wäre - und außerdem ausgeschlossen, dass diese ihre Sperrminorität zum Sturz der Regierung nutzt.
Die Proteste verliefen bislang weitgehend friedlich. Jedoch kam bei Ausschreitungen am Rande der Proteste Anfang Dezember ein Demonstrant ums Leben. In einem Interview mit der Tageszeitung "As Safir" erklärte der Oberkommandierende der libanesischen Armee, General Sulejman, "keine Unruhen zuzulassen" und den "Sturm öffentlicher oder privater Einrichtungen zu verhindern".