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Die liebe Familie als Fonds

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Mit der Debatte um die Familienpolitik beginnt in Österreich eine längst überfällige Auseinandersetzung über die Zukunft auch dieses wesentlichen Themas. Das finanzielle Desaster des Familienlastenausgleichsfonds ist nur die sichtbare Spitze des ideologischen Eisberges, der darunter liegt.


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Es geht um zwei Fragen: Hohe Geldleistungen für Familien oder eine stärkere Hinwendung zu Sachleistungen wie Kinderbetreuungseinrichtungen? Und als zweite Frage: Wer bezahlt das dann?

Derzeit gibt es - auch nach den geplanten Kürzungen durch die Regierung - starke Geldtransfers. Familienbeihilfe und Kindergeld kosten zusammen 4,5 Milliarden Euro jährlich. Da bleibt für den - quantitativen und qualitativen - Ausbau von Kinderkrippen und Kindergärten zu wenig übrig. Der jetzige ÖVP-Seniorenvertreter Andreas Khol brachte es auf den Punkt: Junge Familien benötigen "Zeit-Souveränität". Dazu gehört vor allem die Beantwortung der Frage, in welche Obhut der Nachwuchs guten Gewissens gegeben werden kann, wenn beide Eltern berufstätig sind. Diese Frage erhitzt die ideologischen Gemüter, wohl auch weil die Kirche an einem sehr traditionellen Familienbild festhält. Karenzregelungen, die Väter und Mütter gleichermaßen umfassen, gab es genauso wenig. Die Mutter blieb zu Hause, oder anders formuliert: Die Frau ging nicht arbeiten. Die Erkenntnis, dass dies heute nicht mehr funktioniert, bezahlen wir teuer mit sinkenden Geburtenraten.

Auch die zweite Frage ist gesellschaftspolitisch vermintes Feld: Wer bezahlt diese Leistungen? Nun, ursprünglich die Arbeitnehmer, die mit Lohnverzicht den Aufbau des Familienlastenausgleichsfonds ermöglichten. Dass Berufsgruppen wie Beamte, Freiberufler und Bauern aktuell vergleichsweise wenig dazu beisteuern, ist nicht ganz zu verstehen. Familie ist ja keine Frage des Standes. Wenn - wie auch die Schule - Familien alle Bürger angehen, dann wäre es sinnvoll, deren Förderungen auch aus dem allgemeinen Steuertopf zu bezahlen - und die Lasten gleichmäßig zu verteilen. Den Familienlastenausgleichsfonds braucht im Jahr 2010 eigentlich niemand mehr. Dieser Sondertopf zählt halt noch zu den Selbstverständlichkeiten der Republik, die nur eines verhindern: eine sinnvolle politische Diskussion.