Zu den Politischen Gesprächen in Alpbach waren Gäste mit klingenden Namen angesagt. Doch nicht alle kommen - und einige von ihnen aus ideologischen Gründen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Serben kommen nicht. Wegen der Kosovaren. Und die Türken sind ebenso kaum vertreten. Aber das ist wohl nicht wegen der EU. Abgesagt haben auch einige andere Regierungspolitiker. Meist wegen Terminschwierigkeiten.
Das Europäische Forum Alpbach, angesiedelt in dem Tiroler - wie es sich selbst gern nennt - "Bergdorf der Denker", versammelt seit Jahrzehnten im Spätsommer für einige Wochen Politiker, Experten, Studenten und Kommentatoren zu Seminaren und Debatten. "Entwurf und Wirklichkeit" lautet das Motto heuer. Bei den Politischen Gesprächen, die am Wochenende beginnen, geht es um Themen wie die Entwicklung der EU, die Rolle der Vereinten Nationen, kurz (wie es die Organisatoren zusammenfassen): das globale Kräftespiel von heute. Das Programm ist ein ambitioniertes, und die ursprüngliche Aufstellung der Teilnehmer war voller klingender Namen.
Auf der Gästeliste standen Personen, die fast symbolhaft sind für die Teilung der Welt in einen östlichen und einen westlichen Block sowie den Zerfall der großen Grenze. Dazu gehören die zwei Friedensnobelpreis-Träger, der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger und der sowjetische Ex-Präsident Michael Gorbatschow. Doch sie kommen nicht nach Tirol. So wie einige Regierungschefs, die derzeit noch im Amt sind.
Und was eine kleine diplomatische Sensation gewesen wäre, kommt ebenfalls nicht zustande. Geplant ist nämlich eine Debatte über die Rolle der Türkei als Regionalmacht, und auf dem Podium sollten sowohl der türkische als auch der armenische Außenminister, Ahmet Davutoglu und Eduard Nalbandjan, Platz nehmen. Doch deren Länder unterhalten - trotz einiger bilateraler Begegnungen - derzeit offiziell gar keine diplomatischen Beziehungen. Diese brach die Türkei vor fast 20 Jahren ab, aus Solidarität mit Aserbaidschan, das sich mit Armenien im territorialen Konflikt um Berg Karabach befindet.
Dass es auch andere Gründe für ein Fernbleiben türkischer Regierungspolitiker geben könnte, wird offiziell nicht bestätigt. Es sei keine Reaktion auf die Skepsis vieler westeuropäischer EU-Staaten - allen voran Österreichs - gegenüber einem möglichen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union. Jedenfalls kann EU-Chefverhandler Egemen Bagis, der im Vorjahr in Alpbach war, ebenso wenig nach Österreich reisen.
Dass der serbische Präsident Boris Tadic ebenfalls von der Gästeliste gestrichen werden musste, hat unter anderem damit zu tun, dass er heuer bereits zweimal in Österreich war. Doch wird gleichzeitig kaum verhüllt zugegeben, dass diese Abwesenheit die Folge der Anwesenheit eines anderen beim Forum ist. Seine Teilnahme zugesagt hat nämlich Hashim Thaci, Premierminister des Kosovo.
Die ehemalige südserbische Provinz erkennt Belgrad aber nicht als unabhängigen Staat an. Und auch wenn es mittlerweile schon einige Treffen zwischen Vertretern der Serben und der Kosovaren gegeben hat, so pocht Belgrad weiterhin auf Einhaltung gewisser protokollarischer Feinheiten wie Bezeichnungen. Aus Sicht der Serben etwa kann es gar keinen Ministerpräsidenten des Kosovo geben.
*
"Entwurf und Wirklichkeit": So ambitioniert der erste für das Forum in Alpbach auch war - gescheitert ist ein Teil der Pläne an der politischen Wirklichkeit. Auf der anderen Seite ist tagespolitisches Hickhack sowieso nicht der Garant für aufregende Debatten.