Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny präsentierte ihr neues Buch.
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Wien. Manche Ungewissheit im Leben wird als positiv empfunden. Die meisten sind zum Beispiel froh, dass sie nicht vorher wissen, wann sie ernsthaft erkranken oder sterben werden. Nur von der Wissenschaft erwarten viele 100-prozentige Gewissheit. Die könne es aber nicht geben, sagt die österreichische Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Alles wissenschaftliche Wissen ist letzten Endes provisorisch und wird durch neues Wissen ersetzt werden." Die ehemalige Präsidentin des Europäischen Forschungsrates ERC stellte am Mittwochabend im Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen ihr bisher nur auf Englisch vorliegendes Buch "The Cunning of Incertainty" (Die List der Ungewissheit) vor.
Nowotny betont: "Die Hauptthese ist, dass die Wissenschaft gut mit Ungewissheit umgehen kann. Ungewissheit ist auch das, was die Forschung vorantreibt." Von der Einstellung der Wissenschaft zur Ungewissheit könne die Gesellschaft viel lernen, so könnten auch lähmende Ängste beseitigt werden. Die List der Ungewissheit zeigt sich für Nowotny "immer wieder, wenn man bestimmte Ziele verfolgt und dann nicht auf direktem Weg dorthin gelangt, sondern über Umwege, die oft interessanter sind als ein gerader Weg". So gehe etwa das Navigationssystem GPS auf Albert Einstein zurück, doch vor 100 Jahren hätte niemand voraussagen können, wo Einsteins Erkenntnisse hinführen werden.
Nowotny sieht ihr Buch, das sich mit Knochenorakeln genauso befasst wie mit Big Data und den heutigen Finanzmärkten, als "Plädoyer für Offenheit, vor allem in der Grundlagenforschung, weil man da nie genau weiß, was dabei herauskommen wird". Der Politik, die kurzfristige Ergebnisse wolle, sei das sehr oft schwer zu vermitteln. Sie wünscht sich einen entspannteren und positiven Umgang mit Ungewissheit. Eine Politik der Angstmache, die den Handlungsspielraum der Menschen einschränke, lehnt sie ebenso ab wie ein Wiegen in falschen Sicherheiten: "Wenn Leute meinen, dass immer alles so funktionieren wird, wie sie es sich vorstellen, so gibt es einfach zu viele Gegenbeispiele, dass es dann doch nicht funktioniert."