)
Johannes Hahn und die Uni- und Forschungsfinanzen: Was anderen als handstreichartige Budgetkürzung oder Schlamperei erscheint, entpuppt sich als Hegels "List der Vernunft".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Gut, dass wir einen Philosophen als Wissenschaftsminister haben. Das ermöglicht einen völlig neuen Blick auf die merkwürdigen Metamorphosen, welche die für diese Legislaturperiode veranschlagten Forschungsausgaben zuletzt durchlaufen haben. Schlichte Gemüter halten ja den Voranschlag eines öffentlichen Haushalts für einen in Geldwerten ausgedrückten Prioritätenkatalog, mit dem eine Regierung zu verstehen gibt, dass sie die schönen Worte, mit der sie sich sonst an die Öffentlichkeit wendet, auch tatsächlich ernst meint.
Aus dem Blickwinkel des Philosophen betrachtet, dient das scheinbar trockene Zahlwerk hingegen der Selbstaufklärung der Regierenden. Dass Forschungsgelder in der Höhe von zwei Milliarden Euro aus dem Budgetpfad verschwunden sind, hätte auch etwas Positives bewirkt, sagte Hahn kürzlich in einem Interview mit dem "Standard". Seither hätten sich viel mehr Leute mit der Bedeutung von Forschung und Lehre auseinander gesetzt als vorher.
Was anderen als Budgetkürzung im Handstreichverfahren erscheint (nach dem Motto: Probieren wird man ja noch dürfen) oder als Schlamperei (Kanzler und Vizekanzler sprachen zunächst von einem Irrtum), entpuppt sich als Hegels "List der Vernunft".
Wenn er gewusst hätte, so der Wissenschaftsminister, welcher Bewusstseinswerdungsprozess durch diese Diskussion bei vielen politischen Verantwortungsträgern auslöst wurde, dann hätte er "diese Geschichte" von sich aus inszeniert.
Gewiss will Hahn mit solchen Deutungen ein wenig Hoffnung in eine ohnehin dunkle Zeit bringen. Seine Interpretation hat nur einen Haken. Über einen Mangel an wohlwollenden Bekenntnissen seitens der Politik konnte sich die österreichische Forschung schon in den letzten Jahren nicht beklagen. Man hätte durchaus den Eindruck gewinnen können, die politischen Verantwortungsträger wüssten über die Bedeutung von Forschung und Lehre in der Wissensgesellschaft bereits Bescheid. Leider reichte es dann nicht bis zur letzten Konsequenz. Und aufmunternde Zurufe ohne budgetäre Unterfütterung haben nicht mehr Nährwert als Grillparzers "erzähltes Mittagessen".
Warten wir also ab, wie sich der jüngste Bewusstseinswerdungsprozess im dann hoffentlich stabilen Budgetpfad niederschlagen wird. Dass wir nicht in der besten aller möglichen Welten leben, können die österreichischen Universitäten und Forschungseinrichtungen durchaus verkraften. Nicht aber eine Politik, die sich von der Maxime leiten lässt, die Welt sei alles, was nicht der Fall ist.