Vor neuer Metallerlohnrunde: Aufzugmonteure im Kampfmodus und Arbeitgeber, die sich in Geiselhaft sehen.
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Wien. Noch schnell eine Zigarette. Auf dem Gehsteig vor dem Haus der Begegnung in Wien-Liesing drängen sich am Dienstag kurz vor sieben Uhr Männer in grauen Arbeitsmonturen. Für die Aufzugsmonteure geht es aber nicht zur Arbeit, sondern in den Saal zur gemeinsamen Betriebsversammlung mehrerer Aufzugfirmen. Es ist eine von bundesweit rund 350 Versammlungen. Damit will die Produktionsgewerkschaft ProGe (früher Metaller) vor der nächsten Lohnrunde der metalltechnischen Industrie am Donnerstag wegen des Stockens der Verhandlungen den Druck auf die Arbeitgeber deutlich erhöhen.
Noch herrscht bei so manchem, wie bei Robert H., die Hoffnung, dass man sich traditionell bei einem Kompromiss "irgendwo bei 3,5 Prozent" Lohnerhöhung finden wird: "Es werden einmal die Muskeln gezeigt." Allerdings liegen die Verhandler sehr weit auseinander: Die Gewerkschaft fordert ein Plus von 5 Prozent, die Arbeitgeber bieten die Inflationsabgeltung von 2 Prozent sowie einen Anteil am Produktivitätszuwachs von 0,7 Prozent. H. bringt die Stimmung gegenüber der "Wiener Zeitung auf folgenden Punkt: "Streiken will keiner, jeder will arbeiten. Aber wir wollen einfach ein Stück vom Kuchen. Alles wird teurer."
"Irgendwann reißt die Geduld"
"Ich hoffe, dass eine österreichische Lösung gefunden wird", sagt auch Betriebsrat Oliver Stuber, der aber bei einem Streik "solidarisch" ist. Ex-Betriebsrat Erich Beranek ist aufgebracht über die Arbeitgeber: "Wenn man uns nimma braucht, schmeißt man uns weg." Streik sei zwar "die letzte Methode". Aber, so betont Beranek: "Es ist gemeinsam erwirtschaftet worden. Der Kuchen soll auch gerecht aufgeteilt werden." "Irgendwann reißt die Geduld", wettert Betriebsratschef Oswald Rosenits: "Man wird an der Stimmung der Leute sehen, dass die Leute kampfbereit sind."
Rund 400 sind im Saal. Gewerkschaftschef und Verhandlungsführer Rainer Wimmer heizt die Stimmung kräftig an und erntet dafür mehrfach Applaus: "Erst dann, wenn ihr uns die Schubkraft gebt, dann geht was weiter." Er erinnert, dass es auch um "Abfederungsmaßnahmen" wegen des Aufzwingens eines Zwölf-Stunden-Tages ("in Wirklichkeit eine Schweinerei") geht. Wo sei denn jetzt etwa die versprochene Vier-Tage-Woche. Sollte am Donnerstag nichts weitergehen, würden ab Freitag Maßnahmen gesetzt: "Streik ist das letzte Mittel. Aber wenn wir gezwungen sind, werden wir ein Schäuferl nachlegen müssen."
Applaus gibt es auch, als danach ein Mann in Arbeitskluft aus der Saalmitte lautstark spontan einwirft: "Vielleicht sollten wir keinen Kompromiss mehr eingehen!" Betriebsratschefs wie Alexander Kinn impfen den Anwesenden ein: "Den Kampf will keiner, nur wenn wir kämpfen müssen, dann sind wir bereit."
In offener Abstimmung gibt es dann mittels Resolution Rückendeckung im Sinne der Gewerkschaft. Einstimmig - per Handheben, da regt sich keine Gegenstimme. "Wenn es notwendig ist", sollten für den raschen Abschluss "gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen" ergriffen werden, lautet der Beschluss. Mit einer Wurstsemmel und einer Flasche Mineralwasser werden die Aufzugmonteure zur Arbeit verabschiedet. "Es ist traurig, dass man mit solchen Drohungen argumentieren muss", meint Betriebsrat Reinhard Zink beim Weggehen.
Nein zu "Beschädigungspaket"
Auf Arbeitgeberseite will man notfalls einen Arbeitskampf in Kauf nehmen. Christian Knill, Sprecher der metalltechnischen Industrie mit rund 1200 Firmen und 134.000 Beschäftigten, bekräftigt die Haltung: "Das wird dann unangenehm, aber es ist noch unangenehmer, wenn wir Betriebe mit Belastungen, wie sie die Gewerkschaft fordert, überfordern." Für ihn handelt es sich um ein "Beschädigungspaket" der Gewerkschaft für den Standort.
Er meint damit, dass zur Lohnforderung noch der Wunschkatalog nach Zuschlägen, Arbeitszeitverkürzung oder dem leichteren Erreichen einer sechsten Urlaubswoche kommt. Dafür gebe es ökonomisch keine Grundlage Die Arbeitgeber sehen sich von der Gewerkschaft in "Geiselhaft" genommen für das neue Arbeitszeitgesetz der Regierung. Dabei seien Auswirkungen nicht spürbar. Es gelte in der Branche nach wie vor die 38,5-Stunden-Woche und es gebe ein Arbeitszeitkonto.