Machtblöcke geben im Parlament den Ton an. | Die meisten Nationalräte haben einen Zweitjob. | Für 31 Mandatare ist Wirtschaft kein Fremdwort. | Die ranghöchste Frau der Republik stammt aus dem Hausruckviertel, ist gelernte Soziologin, hat früher beim AMS Oberösterreich gearbeitet und übt seit 18 Jahren diverse politische Funktionen aus: Barbara Prammer, seit Oktober 2006 Präsidentin im Hohen Haus, war unter anderem bereits Landtagsabgeordnete, zweite Landtagspräsidentin und Landesrätin in Oberösterreich sowie drei Jahre lang Bundesministerin für Frauenangelegenheiten. Die 55-jährige SPÖ-Politikerin verdient derzeit monatlich rund 16.000 Euro brutto ohne Spesen. Zu ihrem Fulltimejob gehören ein prachtvolles Büro und ein Dienstwagen samt Chauffeur.
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Als oberste Volksvertreterin steht sie einem bunt gemischten Gremium vor, das die vielfältigen Interessen der Österreicher möglichst umfassend unter einen Hut bringen soll. Das Spektrum reicht von der 27-jährigen Publizistik-Studentin Silvia Fuhrmann (ÖVP) bis zum 65-jährigen Pensionisten Alois Gradauer (FPÖ) beziehungsweise vom gelernten Maurer Johann Hechtl (SPÖ) bis zum Hochschulprofessor Alexander Van der Bellen (Grüne).
Manche Abgeordnete waren in besseren Zeiten schon Bundeskanzler (Wolfgang Schüssel), Minister (Martin Bartenstein), Landeshauptmann-Stellvertreter (Martin Strutz), Landesrat (Ernest Windholz) oder Bundesparteiobmann (Peter Westenthaler).
Für die meisten Parlamentarier ist der Sitzplatz im Parlament jedoch absoluter Höhepunkt ihrer Karriere: Wer von seiner Partei nach einem komplizierten, kaum transparenten Ausleseverfahren mit einem solchen Mandat belohnt wird, der gehört automatisch zur politischen Haute Volée - auch wenn er nur alle heiligen Zeiten ans Rednerpult darf und für die meisten Wähler stets ein geheimnisvolles Phantom bleibt.
Der Traum(neben)job wird laut Bundesbezügegesetz mit einem Grundgehalt von monatlich 7418,62 Euro abgegolten - für manche, wie beispielsweise die einstige Bipa-Verkäuferin Ulrike Königsberger-Ludwig, ein beträchtlicher Aufstieg.
Nur wenige hängenihren Job an den Nagel
Fast alle der 183 Abgeordneten zählen zu jenen rund 183.000 Österreichern, die einer zweiten Beschäftigung nachgehen. Sie werken nebenbei - mit Ausnahme der Präsidenten und der Klubobmänner - als Rechtsanwalt, Unternehmensberater, praktischer Arzt oder Bankmanager weiter oder sind nebenbei AMS-Leiterin in Braunau am Inn, Geschäftsführer der Tiroler Industriellenvereinigung, Referatsleiterin beim Land Steiermark oder Betriebsratsvorsitzender beim Roten Kreuz Oberösterreich.
Nur relativ wenige Mandatare hängen ihren Job vorübergehend an den Nagel, um sich wie Judith Schwentner, frühere Chefredakteurin der Grazer Straßenzeitung "Megaphon", vollauf dem politischen Amt zu widmen. Manche lassen sich freilich so wie die SPÖ-Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl, eine 44-jährige Hauptschullehrerin, vom Dienst freistellen, um die politische Karriere vorantreiben zu können.
17 SPÖ-Lehrer und 14 ÖVP-Landwirte
Die derzeit - überwiegend roten - 17 Abgeordneten, die sich als gelernte Lehrer aller Art (vom Volksschul direktor bis zum Uniprofessor) politisch auf höchster Ebene betätigen, vertreten rund 120.000 Kollegen. Damit sind die Lehrer im Parlament ebenso überrepräsentiert wie die heimischen Bauern. Dank der Volkspartei, die gleich 14 der insgesamt 15 parlamentarischen Landwirte stellt, dürfen sich die rund 218.000 in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Österreicher über eine massive Unterstützung der Gesetzes-Macher freuen.
Stark präsent sind, neben dem Öffentlichen Dienst inklusive ÖBBler und Postler, auch gestandene Berufspolitiker wie Wilhelm Molterer oder Josef Cap sowie die wichtigen Interessenvertretungen: Die Volkspartei entsendet etwa ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon, Fritz Grillitsch, Präsident des Österreichischen Bauernbundes, und Peter Haubner, Generalsekretär des Wirtschaftsbundes.
Die SPÖ wiederum, deren Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter und Laura Rudas ein Nationalrats-Leiberl bekamen, vertraut unter anderen Wolfgang Katzian, seines Zeichens Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten, und dem ehemaligen ÖBB-Fahrdienstleiter Wilhelm Haberzettl, der nunmehr der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter vorsteht.
Die hochrangigen Gewerkschafts-Funktionäre dürften jedenfalls - so wie auf der anderen Seite Fritz Neugebauer, Langzeit-Chef der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst - trotz ihrer Tätigkeit im Parlament auch noch Zeit für diverse Nebengeschäfte und Ehrenämter haben.
Selbiges gilt auch für die exakt 21 Abgeordneten, die ein zusätzliches Amt als Bürgermeister von zumeist kleineren Gemeinden wie Sieghartskirchen, Untersiebenbrunn oder Ampflwang bekleiden. Diese Tätigkeit scheint also, so ähnlich wie gesammelte Erfahrungen als Landtagsabgeordneter, ein ideales Sprungbrett in das Hohe Haus zu sein.
Von Großkonzernen bis Unternehmensberatern
Nicht nur Interessenvertretungen und Gemeinden, sondern auch einige Unternehmen befinden sich in der glücklichen Lage, sich für den Fall des Falles auf Lobbyisten im Hohen Haus verlassen zu können.
Vier Beispiele dafür: Die Raiffeisen-Gruppe hat ihren Generalsekretär Ferry Maier mit dieser Aufgabe im Machtzentrum betraut. Der Sparkassenverband stellt seinen Generalsekretär Michael Ikrath hierfür ab. Die Voestalpine kann auf ihren Zentralbetriebsrat Dietmar Keck zählen und die krisengeplagten Austrian Airlines sind immerhin mit ihrem Syndikus Johannes Jarolim an Bord, der das Ticket von den Roten erhalten hat.
Mehr Unternehmer denn je als Volksvertreter
Die Unternehmer an sich sind im Parlament gar nicht so spärlich vertreten, wie es in der Vergangenheit Tradition war. Zur Zeit sitzen zwar keine Top-Industriellen oder Spitzenmanager wie Hans Peter Haselsteiner, Thomas Prinzhorn, Veit Schalle oder Georg Mautner Markhof mehr dort, die wirtschaftsnahe Lobby kann sich dennoch sehen lassen: Immerhin sind 31 Abgeordnete Gesellschafter eines Unternehmens (Tabelle unten) - mehr als jemals zuvor im Nationalrat waren.
In manchen Fällen überrascht freilich die Berufsangabe: BZÖ-Mitglied Herbert Scheibner, der nach diversen Jobs im Banken- und Versicherungsbereich 1988 in die Politik kam, Bezirksrat, Bundesparteivorstand, Generalsekretär, Klubobmann und sogar Minister war, bezeichnet sich neuerdings stolz als Unternehmer. Grund hierfür ist die Anfang 2007 ins Firmenbuch eingetragene Scheibner Business Development GmbH, die seinen Lebens-unterhalt endgültig absichern soll.
Der frühere SPÖ-Staatssekretär Peter Wittmann hingegen führt die Geschäfte der DaDuc Beratungs & Beteiligungs GmbH und ist Inhaber von vier weiteren Firmen, darunter eine Vermögensverwaltungs- sowie eine Grundstücksverwertungs-GmbH. Allerdings scheinen ihm seine unternehmerischen Ambitionen der Rede nicht besonders wert zu sein - er sieht sich nämlich lieber als Rechtsanwalt.
Die Firmen der Abgeordneten
Insgesamt 31 heimische Parlamentarier sind Gesellschafter von Unternehmen:
Gertrude Aubauer (ÖVP): ABL Aubauer Bildungslogistik GmbH *
* Jakob Auer (ÖVP):
Agro Werbung Martin Bartenstein (ÖVP): Gerot Lannach Holding (Lannacher Heilmittel, Genericon Pharma, Gerot Pharmazeutika) *
Josef Bucher (BZÖ): *
Bucher GmbH - Hotel Metnitztalerhof
* Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP):
Mag. K. Cortolezi-Schlager Unternehmensberatung Adelheid Fürnthrath-Moretti (ÖVP): Neue Elisabethhof Gastronomische Betriebe GmbH *
Carmen Gartelgruber (FPÖ): Gartelgruber Heizsysteme *
Kurt Gartlehner (SPÖ): Unternehmensberater *
* Martin Graf (FPÖ):
GM Consulting KG Roman Haider (FPÖ): VMC Huemer & Haider GmbH *
Peter Haubner (ÖVP): Haubner & Haubner KG *
Franz Hörl (ÖVP): *
Schilift-Zentrum Gerlos GmbH
Josef Jury (BZÖ): *
Patisserie, Bäckerei und Konditorei Jury
Gerhard Huber (BZÖ): Export/Import von Agrarprodukten *
Johannes Hübner (FPÖ): Hübner Hotel Betriebe, BeCCo-Fuel BiodieselproduktionsgmbH *
* Beatrix Karl (ÖVP):
B. Karl KEG Franz Kirchgatterer (SPÖ): Einzelhandelskaufmann *
Karlheinz Kopf (ÖVP): Sportbau Walser GmbH *
Hubert Kuzdas (SPÖ): *
Unternehmensberater
Robert Lugar (BZÖ): Aquanorm Wasseraufbereitung *
Stefan Markowitz (BZÖ): Stefan Markowitz KEG *
Christoph Matznetter (SPÖ): Matznetter SteuerberatungsgmbH *
Gabriel Obernosterer (ÖVP): Obernosterer Feriendorf Tuffbad *
Jochen Pack (ÖVP): 37soft-Softwarevertriebs-GmbH *
Stefan Prähauser (SPÖ): Welle 1 Privatradio GmbH *
Johann Rädler (ÖVP): die Landpartie GmbH *
Herbert Scheibner (FPÖ): Scheibner Business Development GmbH *
Konrad Steindl (ÖVP): Konrad Steindl BeteiligungsgmbH *
Bernhard Themessl (FPÖ): Themessl & Partner KG, Benzer & Partner OEG *
Bernhard Vock (FPÖ): WIB Vock Invest *
Peter Wittmann (SPÖ): A.B. Vermögensverwaltungs-GmbH, Imperium Immobilien-, Vermögens- und BeteiligungsgmbH, WNS Grundstücksverwertungs-GmbH und andere. *
WissenLobbys im Parlament - Anteil der Abgeordneten aus diversen Bereichen:
* Öffentlicher Dienst, ÖBB, Post:53 Abgeordnete (29 Prozent).
* Sozialversicherungen, Parteien, Interessensvertretungen: 36 Abgeordnete (19,7 Prozent).
* Banken, Versicherung, Handel, Tourismus: 26 (14,2 Prozent).
* Freie Berufe: 24 Abgeordnete (13,1 Prozent).
* Land- und Forstwirtschaft: 15 (8,2 Prozent).
* Industrie/Gewerbe: 11 Abgeordnete (6 Prozent).
* Haushalt: 3 Abgeordnete (1,6 Prozent).
Sonstige/keine Zuordnung: 15 (8,2 Prozent). *
Quelle: Parlament