Ambitioniert dürfte das Budget 2017 nicht ausfallen. Allzu schlecht aber ist es um den Staatshaushalt nicht bestellt.
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Wien.Wenig überraschend, ebenso wenig ambitioniert, wenn auch besser als erwartet - so könnte man die Einschätzungen und Erwartungen von Politikern und Experten das Budget 2017 betreffend zusammenfassen. Am Mittwoch kommende Woche hält Finanzminister Hans Jörg Schelling seine Budgetrede vor dem Nationalrat. Im nächsten Jahr dürfte er mit dem neuen Haushalt, insbesondere aufgrund der positiven ausgabenseitigen Entwicklung, ganz gut über die Runden kommen. Spielraum, um die großen Baustellen anzugehen, wird es aber wohl kaum geben.
Die Eckpunkte des Budgets 2017 wurden bereits im Frühjahr durch den Finanzrahmen festgelegt: Ausgaben in der Höhe von 78,2 Milliarden stehen demnach Einnahmen in der Höhe von 73,5 Milliarden Euro gegenüber. Das auf europäischer Ebene vereinbarte strukturelle Nulldefizit dürfte Österreich im kommenden Jahr verfehlen. Das strukturelle Defizit dürfte laut Vereinbarung 0,45 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten - laut Finanzrahmen wird es 2017 aber bei rund einem Prozent liegen. Dafür wird Schelling beim Budgetabschluss 2015 am Mittwoch ein strukturelles Nulldefizit von null Prozent verkünden können. Im Mai hatte Bernhard Felderer, Chef des Fiskalrats, der die Einhaltung der EU-Budgetvereinbarungen überprüft, noch vor einem "Rüffel" der EU gewarnt. Mitte September beruhigte Felderer jedoch, dass er keine Sanktionen der EU erwarte. Begründung: Auch die Budgetprobleme anderer EU-Staaten seien bisher sanktionslos geblieben.
Zumindest der geringer als erwartet ausgefallene Bedarf an Zuschüssen zu den Pensionen entschärft die Situation für den Finanzminister etwas. Zwischen 500 und 600 Millionen Euro weniger musste der Staat im laufenden Jahr zuzahlen. Viel zu wenig für den Finanzminister, um an den Dauerbaustellen wie Bildung und Pensionen etwas voranzutreiben. Und dazu kommen wohl auch neue Baustellen.
Mehr Geld für Sicherheit, Problemfall Bildungsressort
So harrt auch das von der Regierung erst kürzlich präsentierte Sicherheitspaket der Finanzierung, wie aus Kreisen des Budgetausschusses zu erfahren ist. Innenminister Wolfgang Sobotka will die Terrorismusprävention verbessern und die öffentliche Sicherheit erhöhen - dies gehe laut Sobotka auch mit Überwachung im öffentlichen Raum einher. Die Kapazitäten des Verfassungsschutzes, des Abwehramts und des Heeresnachrichtendienstes sollen personell und technisch verstärkt werden. Woher das Geld für diesen Mehrbedarf kommen soll, hat Schelling bisher nicht verraten. Dem Vernehmen nach könnte, wenn hier nicht auf Überschüsse zurückgegriffen werden kann, eine Budgetüberschreitungsermächtigung zum Tragen kommen.
Dass er die - inzwischen fast schon traditionelle - Lücke im Bildungsbudget nicht schließen wird können, hat Schelling bereits angekündigt. Das 2016 zugeschossene Geld für das Bildungsressort würde aber "bei weitem" nicht ausreichen, um das Budgetloch zu stopfen. Insider gehen deshalb auch 2017 von einer Unterbudgetierung aus. Dass es stattdessen zu weiteren Einsparungen im Bildungsbereich kommen könnte, legen Vorschläge der Bildungsreformkommission nahe: Künftig sollen demnach bis zu acht Schulen von einem Direktorat geleitet werden, an einem Standort könnten jeweils mehrere Landes- oder Pflichtschulen zu "Schul-Clustern" zusammengelegt werden.
Als fix gilt Berichten zufolge, dass Schelling auch im kommenden Jahr im Bereich Flüchtlinge Kosten von einer Milliarde Euro veranschlagen wird. Durchaus möglich aber, dass sich das Finanzministerium an eine längerfristige, hohe Belastung für den Staatshaushalt durch die Flüchtlingsbewegung gewöhnen wird müssen. Eine Studie des Fiskalrats geht davon aus, dass bis 2060 für Flüchtlinge kumulierte Kosten von 23 Milliarden Euro anfallen werden. Erst ab 2060 sei durch Steuern und Sozialbeiträge ein Nettoertrag zu erwarten.
Zu erwarten ist, dass es 2017 zu einer Fortschreibung des Finanzausgleichs mit den Ländern kommt. Eine neue gesetzliche Vorlage gibt es noch nicht, das nächste Treffen der Verhandler gibt es erst im November, am Tisch liegen aber Forderungen der Länder über zusätzliche 500 Millionen Euro.
Mögliche Einigung bei Bankenabgabe
Diese werde es "defintiv nicht" geben, stellte Schelling klar. Im Finanzausgleich will der Finanzminister ein Bekenntnis zu einer Bundesstaatsrefrom verankern, er drängt auf die Steuerhoheit der Bundesländer. Diese würde auch von den Ländern gewünscht, es gebe bei ihnen die Bereitschaft zum "Einstieg in den Umstieg". Die Steuerhoheit der Länder würde nur noch mehr Bürokratie und damit höhere Kosten bringen, entgegnet dem der steirische Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer.
Das schwierige Verhältnis zwischen Bund und Ländern soll nun mittels einer neuen Arbeitsgruppe, an der auch Kanzler und Vizekanzler teilnehmen wollen, verbessert werden. Ihr Ziel: Deregulierung bei der Verwaltung, Vereinheitlichung des Wirtschaftsrechts und damit Wachstum zu ermöglichen. Zumindest möglich, wenn nicht wahrscheinlich ist, dass es bis zum Mittwoch eine Einigung beim Thema Bankenabgabe gibt. Diese wurde auf 100 Millionen Euro reduziert, im Gegenzug haben sich die Banken auf eine Abschlagszahlung von einer Milliarde Euro verpflichtet. Dieses Geld will Schelling zu drei Vierteln in den Ausbau der Ganztagsbetreuung investieren - die Länder aber verlangen sowohl von der laufenden Abgabe als auch von der einen Milliarde Abschlagszahlung ihren Anteil. Eingeplant werden muss die reformierte Bankenabgabe in jedem Fall.
Ebenso möglich, aber eher unwahrscheinlich ist eine Einigung bei der kalten Progression, die sowohl SPÖ als auch ÖVP abschaffen wollen - mit unterschiedlichen Konzepten. Das von Schelling vorgelegte Modell einer automatischen Tarifanpassung an die durchschnittliche Inflationsrate wird in einer Studie der Wirtschaftsuniversität kritisiert: Ein solcher Automatismus würde eine "Umverteilungsautomatik von unten nach oben" bedeuten, so die Autoren.
Die aktuelle Zinssituation kommt Schelling auch beim Geldleihen entgegen. Durch die historisch niedrigen Zinsen ist es für den Staat günstig, am Kapitalmarkt Geld zu borgen: 1,3 Milliarden Euro plant die Republik 2017 aufzunehmen.