Die Österreichische Stromlösung ("ÖSL") erzeugt bei den Verbund-Vorständen mittlerweile große Hoffnungen. Obwohl die Kooperation mit der EnergieAllianz noch längst nicht operativ tätig ist, muss sie jetzt schon für optimistische Prognosen herhalten. So erwartet sich Finanzvorstand Michael Pistauer allein für sein Unternehmen Synergieeffekte von jährlich 39 Mill. Euro. Darin liegt für ihn auch der "große Charme" der ÖSL.
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Unstimmigkeiten innerhalb der Verbund-Führung scheinen ausgemerzt worden zu sein. Die drei Vorstände Hans Haider, Michael Pistauer und Johann Sereinig präsentierten sich anläßlich der gestrigen Pressekonferenz zur Halbjahresbilanz als eingeschworenes Team. Unisono begrüßten sie die Stromlösung.
"Die Österreich-Lösung ist eine Lösung, die dem Verbund nutzt." Vorstandsprecher Haider setzt in Anspielung auf diesen nicht ganz freiwillig zustandegekommenen Konsens hinzu, "es sei gut, wenn sich der politische Wille mit den Vorteilen für das Unternehmen und Aktionäre decke". Denn die Synergieeffekte seien mit 39 Mill. Euro pro Jahr nicht unbeträchtlich. Darunter fällt auch die sogenannte Labelling Fee, also jener Zuschlag von rund 1,1 Euro/Megawattstunde für Strom aus Wasserkraft, den die EnergieAllianzpartner (Wien Energie, EVN, Energie AG OÖ, Linz AG und Bewag/Begas) an den Verbund abliefern müssen. Obendrein erwartet sich Finanzvorstand Pistauer eine Verdoppelung des Wachstums des operativen Ergebnisses (EBIT) bis 2006 auf 8,5%. Dem Konzernergebnis wird sogar ein jährlicher Zuwachs von 17% zugetraut. 4,5% lautet die Voraussage, wäre der Verbund seinen Weg weiterhin alleine gegangen. Nur bei der Entschuldung kann die ÖSL gegenüber dem geplatzten Deal mit dem deutschen Atomkonzern E.ON nicht mithalten. Dadurch, dass der deutsche Partner schuldenfreie Kraftwerke und zusätzliche Liquidität eingebracht hätte, wäre das Entschuldungsziel rascher erreicht worden.
Viele knifflige Details wurden im 200 Seiten starken Konsortialvertrag über die Handelsgesellschaft APT - hier hat der Verbund das Sagen - und den Großkundenvertrieb e&s - da dominieren die EA-Partner - festgehalten.
Change-of-Control-Klausel
Ein schwieriger Verhandlungspunkt war die Fixierung eines wechselseitigen Vorkaufsrechtes für Kraftwerke und Verteilnetze. Sollte ein Vertragspartner sein Anlagevermögen veräußern wollen, darf der andere zu den mit einem Dritten vereinbarten Bedingungen in den Vertrag einsteigen. Pistauer scheint mit diesem Punkt nicht glücklich zu sein. "Der Wunsch nach dem Vorkaufsrecht ist nicht von uns gekommen." Wenigstens konnte aber der Verbund die Verteilnetze der Landesgesellschaften hin-einnehmen, das Verbund-Hochspannungsnetz aber draußen lassen. Er fügt hinzu, dass vorhandene Rechte wie bestehende Cross-border-leasing-Verträge ausgenommen sind.
Beim Verkauf von Gesellschaftsanteilen der Stromversorger werden die Länder, aber auch der Bund weiter freie Hand haben. Sollte es jedoch im Zuge von Privatisierungen zu einem Eigentümerwechsel kommen, so will man sich mit der "Change of Control"-Klausel wappnen. Dieser ÖSL-Punkt ist allerdings noch offen.
2002 gab es weniger Wasser
Dem größten heimischen Stromerzeuger machten im ersten Halbjahr 2002 die schwachen Niederschläge zu schaffen. Auf Grund geringerer Wassermengen konnte weniger Strom erzeugt werden. Der Erzeugungskoeffizient sank von 1,11 im Vorjahr auf 1,02. Damit einhergehend musste mehr Energie (+108) aber auch mehr Brennstoff (+22%) zugekauft werden.
Zufrieden ist der Vorstand trotzdem mit dem operativen Ergebnis, es stieg gegenüber 2001 um 3,5% auf 152 Mill. Euro, das Konzernergebnis sogar um 31% von 62 auf 82 Mill. Euro. Die starken Umsätze im Auslandsvertrieb, allen voran in Deutschland, sowie die steigenden Preise (+22%) wirkten sich positiv aus. Auch die Umsätze im Stromhandel schnalzten um 133% auf 466 Mill. Euro gewaltig nach oben.
Die Entschuldung des Konzerns wird verzögert. Zwar konnten Verbindlichkeiten im Ausmaß von 217 Mill. Euro abgebaut werden, doch kamen durch die Übernahme der Steweag-Kraftwerke neuerlich 343 Mill. Euro Schulden dazu.