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Die Löwinnen vom Hindukusch

Von Christoph Rella

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Nur fürs Protokoll: Mit dem "IS Khorasan", also jenem Ableger der Terrorgruppe "Islamischer Staat" in Afghanistan, der in Kabul zuletzt einen tödlichen Anschlag mit Dutzenden Toten verübt hat, haben die "Lionesses of Khorasan" nichts zu tun. Im Gegenteil. Auch wenn sich viele Islamisten gern mit dem Löwen als Markenzeichen schmücken, so sind das in Afghanistan ganz andere - nämlich jene Mädchen und Frauen, die 2007 den Mut fanden, dem Frauenfußball in Khorasan, wie das Gebiet rund um den Hindukusch früher hieß, zum Durchbruch zu verhelfen.

Nach jahrelanger Aufbauarbeit bestritt das Frauen-Nationalteam Afghanistans im Rahmen der Südasienmeisterschaft 2010 sein erstes Länderspiel, zwei Jahre später feierten die Fußballerinnen mit einem 2:0 über Katar ihren ersten Pflichtspielsieg - und erreichten sogar das Halbfinale. Seit 2016 wird das Team von der ehemaligen US-Teamspielerin Kelly Lindsey trainiert, zudem konnte der Sportartikelhersteller Hummel aus Dänemark als Sponsor gewonnen werden.

Angesichts der aktuellen Bilder aus Afghanistan kann man sich die Signalwirkung, welche diese Erfolgsgeschichte -weitgehend unbemerkt in der Öffentlichkeit - im Land entfaltet haben muss, nicht hoch genug einschätzen. Nicht nur kehrte der Fußball in die zuvor als Hinrichtungsstätten missbrauchten Stadien zurück, auch machten die Auftritte der "Lionesses of Khorasan" - bei allen Problemen, die es gab (unter anderem Missbrauchsvorwürfe) - die Frauen in der Gesellschaft sichtbarer und ihre Fans stolz.

All das steht mit der Übernahme der Macht durch die Taliban zur Disposition. Das ist eine Tragödie und eine Schande. Das Einzige, was man noch tun kann - und die Fifa arbeitet bereits dran -, ist, die Spielerinnen außer Landes zu bringen. Daheim wartet auf die Löwinnen ein inhumaner Käfig.