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Die Lücken des Februar

Von Georg Friesenbichler

Februar 1934

Der Arbeiteraufstand des Jahres 1934 war einst ein international beachtetes Datum. Davon ist heute nicht mehr viel zu spüren.


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Gewiss, für ein Jubiläum sind 100 Jahre ansehnlicher als 80, und ein Weltkrieg mit 17 Millionen Toten ist anders zu werten als ein Aufstand mit mehr als 300 Todesopfern. Trotzdem wirkt es erstaunlich, dass sich das Gedenken an den Februar 1934 heuer vor allem auf die Nacherzählung der Ereignisse erstreckte. Im Gegensatz dazu wurden diese blutigen Tage von der internationalen Arbeiterbewegung stets als bedeutendes Ereignis wahrgenommen, weil hier erstmals - wenig später gefolgt vom Spanischen Bürgerkrieg - dem Faschismus bewaffnet entgegengetreten worden war. Und in Österreich selbst reichte das aus dieser kurzen Revolte erwachsene Misstrauen der beiden großen Lager bis weit in die Zweite Republik hinein. Mittlerweile rückt zwar sogar die ÖVP von der These der "geteilten Schuld" ab, trotzdem blieb zum "runden" Gedenken vieles seltsam unterbelichtet, zum Beispiel das Erbe der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP).

Den Kämpfen folgte nicht nur das Verbot der Partei, sondern auch die tiefe Enttäuschung ihrer Anhängerschaft. Angesichts des Versagens der Parteiführung schlossen sich viele der Kommunistischen Partei an, die schon seit 1933 illegal war, manche wechselten auch zu den Nazis. Eine Rolle dabei spielte wohl auch der weitverbreitete Antisemitismus. Gerade unter den Arbeitern waren die Stimmen nicht selten, die den "jüdischen Intellektuellen" an der Parteispitze, wie dem rasch in die Tschechoslowakei geflüchteten Otto Bauer, die Schuld für die Niederlage gaben. Dies berichtete Jahre später Joseph Buttinger, der nach einigen Verhaftungswellen 1935 die Führung der "Revolutionären Sozialisten" (RS) übernahm, in deren Reihen sich der junge Bruno Kreisky ebenso fand wie der spätere Innenminister Franz Olah.

Die RS gaben den "demokratischen Illusionen" der SDAP die Schuld an der Niederlage und setzten deshalb - im Einvernehmen mit dem selbstkritischen Otto Bauer in Brünn - ganz auf eine gesamtdeutsche proletarische Revolution, die den Faschismus hinwegfegen sollte. Diese Orientierung wurde in der Emigration trotz "Anschluss" und der kommunistischen Bemühungen um eine "Volksfront" , die bürgerliche und sozialistische Kräfte im Kampf gegen Hitler bündeln sollte, fortgesetzt. Nicht zuletzt wegen dieser Selbstisolierung der Sozialisten kam es nie zu einer österreichischen Exilregierung.

Nach dem Krieg war linkes Gedankengut indes verpönt. Die Parteiführung lag nun bei Leuten, die Ständestaat und Nazi-Regime in Österreich großteils unbehelligt überstanden hatten. Emigranten (schon gar nicht die jüdischen) und KZ-Häftlinge waren generell - auch in der Politik - nicht willkommen. Nur die einstigen RS-Mitglieder Oscar Pollak, der neuerlich Chefredakteur der "Arbeiter-Zeitung" wurde, und Franz Olah passten mit ihrem strikten Antikommunismus gut in die Konzeption des Kalten Krieges, der ÖVP und SPÖ mindestens ebenso zusammenschweißte wie der "Geist der Lagerstraße". Heute hat die großkoalitionäre Harmoniesucht sogar das Februargedenken erfasst. Erinnerungslücken werden dadurch freilich nicht geschlossen.