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In Libyen hat ein von der UNO abgesegneter und der Nato durchgeführter Militäreinsatz den Tyrannen gestürzt, im Fall Syriens ist das Illusion. Russland und China sorgen dafür, dass der UN-Sicherheitsrat nicht handlungsfähig ist. Moskau will einer Blauhelm-Mission erst zustimmen, wenn die Waffen in Syrien schweigen. Das wird dann der Fall sein, wenn die Rebellen (oder Diktator Bashar al-Assad) militärisch den uneingeschränkten Sieg errungen haben. Tausende Zivilisten werden dann getötet worden sein und noch viel mehr verletzt und gefoltert.
Angesichts der von Moskau und Peking verschuldeten internationalen Lähmung wird die Situation in Syrien immer verzweifelter. Der Blutzoll steigt, die humanitäre Lage ist katastrophal, die Menschen sterben, weil sie in den Spitälern nicht mehr versorgt werden können. Die syrischen Rebellen fühlen sich allein gelassen und verraten.
Jetzt könnte die Stunde der Arabischen Liga schlagen, einer Organisation, die auf der Weltbühne bis jetzt eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Ziemlich einträchtig hat die Liga - und damit ein Großteil der arabischen Welt - die Gewalt in Syrien verurteilt, ein Ende des Gemetzels in Syrien und ein Eingreifen der UNO gefordert. Die liberalen Monarchien auf der Arabischen Halbinsel stehen an vorderster Front, auch den konservativen Saudis platzt jetzt der Kragen. Man werde den Verbrechen des Despoten in Damaskus nicht länger zusehen, heißt es in Riad. Dort hofft man insgeheim, dass auch in Syrien nach dem Sturz des Diktators die Islamisten das Ruder übernehmen würden. Die Staaten, die ihre Diktatoren schon abgeschüttelt haben - Tunesien, Ägypten, Libyen -, sind ohnedies mit der Opposition in Syrien solidarisch und haben begonnen, ihre Botschafter aus Syrien abzuziehen. Länder wie der Libanon und Algerien, die noch ansatzweise Sympathien für Assad hegen, werden einfach übergangen. Die Luft für Assad wird immer dünner, die Ansicht, dass er nicht zu halten sei, setzt sich schrittweise durch.
Die arabische Welt hat damit begonnen, den Fall Syrien zu ihrer Angelegenheit zu machen, auch wenn die Beobachter-Mission zuletzt gescheitert ist. Das bedeutet nicht, dass in naher Zukunft eine Militärintervention auf die Beine zu stellen sein wird. Aber die Liga ist dabei, verstärkt auf der Seite der Opposition eingreifen. Vor allem Saudi-Arabien verfügt über Ressourcen, die nicht zu unterschätzen sind. Die Isolation Assads wird vorangetrieben, die Hilfe für die Opposition nimmt zu. In den arabischen Ländern hat man begriffen, dass mit den Revolutionen des vergangenen Jahres die Zeiten der Willkür endgültig vorbei sind.