Langzeitpremier Hun Sen bereitet Amtsübergabe an Sohn vor. Wahlen im Juli sind nur noch Fassade.
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Eine Wahrsagerin habe ihm mitgeteilt, dass er 93 Jahre alt werde, verkündete Kambodschas Premier Hun Sen Anfang des Jahres. Aber bis dahin wolle er ohnehin nicht in der Politik bleiben, sondern schon früher in Pension gehen. Damit würde in dem südostasiatischen Land eine Ära zu Ende gehen. Hun Sen war seit 1985 Premier und hat mit seiner Kambodschanischen Volkspartei (KVP) sämtliche Wahlen gewonnen.
Wobei er das auch seinem autoritären Führungsstil zu verdanken hat. Eine freie Presse gibt es fast gar nicht, die KVP hat den gesamten Staatsapparat und das meiste Geld hinter sich, und wenn ein Oppositioneller gefährlich wird, landet er schnell vor Gericht. Kambodscha wird beherrscht von einer Gruppe einflussreicher Familien, die entweder selbst Teil der Regierungspartei sind oder ihr, zum Beispiel als Geschäftsleute, nahestehen und finanziell mit dem Regierungsapparat verwoben sind.
Vor seinem Abtreten will Hun Sen dafür sorgen, dass das so bleibt. Denn der Premier hat bereits seinen ältesten Sohn Hun Manet in Stellung gebracht. Die KVP hat den derzeitigen Militärkommandanten als zukünftigen Premierskandidaten auserkoren - jetzt ist nur die Frage, wann der Vater das Zepter übergibt. Hun Manet tourt jedenfalls schon fleißig durch das Land, besucht Pagoden oder eröffnet Schulen.
Opposition ausgeschlossen
Das hängt auch damit zusammen, dass im Juli Wahlen stattfinden. Wobei sich die KVP sämtliche Werbetouren sparen könnte, hat sie doch ohnehin keine Konkurrenz, die ihr den Wahlsieg streitig machen könnte. Neben der KVP kandidieren nur zehn Kleinparteien. Die Oppositionsbewegung mit der stärksten Zugkraft, die Partei des Kerzenlichts, schloss ein Gericht von der Wahl aus. Der Grund: Die Gruppierung konnte ihr Registrierungsdokument aus dem Jahre 1998 nicht vorlegen. Der einstige Mitgründer der Partei, der im Exil lebende frühere Oppositionsführer, Sam Rainsy, berichtet aber, dass die Behörden dieses Dokument bei einer Razzia längst einkassiert hätten.
Die Machthaber und damit in vorderster Reihe Hun Sen wollen offenbar immer weniger dem Zufall überlassen. So soll durch eine neue Bestimmung auch für eine hohe Wahlbeteiligung gesorgt werden. Wer diesmal nicht wählen geht, darf demnach zukünftig bei keinem politischen Votum mehr als Kandidat antreten. Und die Wähler müssen damit rechnen, dass notiert wird, wem sie ihre Stimme geben.
Generell übt die KVP einen immer stärkeren Druck auf die Kambodschaner aus, analysiert David Hutt, einer der profundesten Kenner des Landes, in dem Magazin "The Diplomat". Genügte es den Machthabern früher, wenn ihre Landsleute neutral blieben und sich politisch nicht einmischten, fordert die KVP nun zusehends eine aktive Unterordnung ein. An der Universität und auch in vielen Firmen werden demnach nun Angestellte getestet, ob sie auch genügend Loyalität gegenüber der KVP besitzen. Ein berufliches Fortkommen außerhalb des Netzes der Partei wird somit immer schwieriger bis unmöglich.
Vorbild China
Flankiert wird dieser zusehends autoritäre Kurs von China. Hun Sen ist ein enger Verbündeter der Volksrepublik, die ihn stützt und kräftig in Kambodscha investiert, wofür wiederum Kambodscha in der Südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean Initiativen gegen Chinas wachsenden Einfluss zu verhindern trachtet.
Das chinesische Modell scheint immer mehr zum Vorbild für Hun Sen zu werden: Dass er die verstärkte Kontrolle über immer weitere Teile der Gesellschaft will, erinnert sehr an das Vorgehen von Chinas KP. Deshalb ist es wohl auch kein Zufall, dass Kambodscha nun, wie China, im öffentlichen Raum neue Kameras zur Gesichtserkennung einsetzen will - ohne irgendeine Kontrolle, wie die Regierung mit diesen Daten umgeht.