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Die Macht der Musik

Von Hermann Schlösser

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Die "Kulturzeit" in 3sat berichtete am Dienstagabend unter anderem von einem ungewöhnlichen Theaterprojekt: Hyperaktive Kinder, die ihren Bewegungsdrang schwer bremsen können, werden auf der Bühne der Berliner Staatsoper mit Alzheimer-Patienten zusammengebracht, die nur mehr langsam vom Fleck kommen.

Unter Leitung der Regisseurin Adriana Altaras lernen die Retardierten und die Hektischen, aufeinander zuzugehen, miteinander zu singen und zu tanzen.

Diese Harmonie ist möglich, weil sich die Musik auf beide Gruppen wohltätig auswirkt: Indem die Kinder sich dem Rhythmus anpassen, lernen sie, ihre Bewegungen zu kanalisieren und zu steuern. Und bei den Alten sprechen Klänge noch zu Bereichen des erkrankten Gehirns, die von Worten und Sätzen längst nicht mehr erreicht werden. Eine alte Dame sang glücksstrahlend mit, als "Ja, das Schreiben und das Lesen, ist nie mein Fach gewesen . . ." gespielt wurde.

Den "Zigeunerbaron" hatte sie noch nicht vergessen. Daraus könnte man fast ein Qualitätskriterium für Musik konstruieren: Ein Lied, das übrig bleibt, wenn alles, was man wusste und kannte, der Krankheit zum Opfer gefallen ist, kann eigentlich nicht schlecht sein.

Aber im Grunde war der Filmbericht keine Liebeserklärung an einzelne Lieder, sondern eine Verbeugung vor der Macht der Musik: "Das Medium Musik verändert die Menschen", sagte die Regisseurin, und die Bilder, bewiesen, dass sie damit Recht hatte.