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Die Macht der Verdrängung

Von Alexandra Laubner

Politik
Die Peter-Jordan-Straße spiegelt die Pickerl-Problematik wider: Die linke Straßenseite gehört zu Währing, die rechte Seite zu Döbling.
© Laubner

Aufgrund des Währinger Parkpickerls gerät Döbling unter Druck. Favoriten führt 2017 die Parkgebühr ein.


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Wien. Die Peter-Jordan-Straße ist nur eine von vielen Straßen Wiens, aber eine, in der sich die Parkpickerl-Problematik widerspiegelt. Die eine Straßenseite - Teil des 18. Bezirks und seit September Parkpickerl-Zone - ist verwaist. Auf der anderen Straßenseite, die zum 19. Bezirk und zum parkpickerlfreien Raum gehört, reihen sich die parkenden Autos.

Döbling hat abgewartet und muss jetzt reagieren. Die Bürgerbefragung wurde aufgrund des Parkplatzdruckes auf November vorverlegt. Das Datum steht noch nicht fest; der Beschluss wurde in der Bezirksvertretungssitzung am Donnerstagabend mit den Stimmen der ÖVP, der FPÖ und den Neos abgesegnet. "Das Ergebnis ist verbindlich", sagt Döblings Bezirkschef Adi Tiller.

Mehrere Varianten werden bei der Döblinger Bürgerbefragung nicht abgefragt. Fest steht laut Tiller: Kommt das Parkpickerl, dann wahrscheinlich spätestens im Sommer 2017, aber keinesfalls im Wienerwald, nicht vor dem Krapfenwaldbad, und nicht am Kahlenbergparkplatz. "Das versteht man im Rathaus nicht, aber das macht nichts. Das mache ich schon", kommentiert Tiller. Mögliche Überlappungszonen mit dem Nachbarbezirk - was bedeutet, dass Parkpickerl-Besitzer von beiden Bezirken dort parken können - hat Tiller bereits mit Währings grüner Bezirksvorsteherin Silvia Nossek fixiert.

Zweite Befragung in Hietzing

Auch im ÖVP-reagierten Hietzing stellt man sich Anfang nächsten Jahres - im Jänner oder Februar - einer Bürgerbefragung. Die Zweite zum Thema "Parkpickerl". Im Februar 2013 haben sich 78,5 Prozent gegen die Einführung einer flächendeckenden Kurzparkzone ausgesprochen. Bezirksvorsteherin Silke Kobald möchte im Gegensatz zu ihrem Parteikollegen Adi Tiller mehrere Varianten - wie die Schaffung von Zonen in den überparkten Gebieten entlang der U4 - im Rahmen der Bürgerbefragung thematisieren.

"Die Details haben wir noch nicht festgelegt. Wir hoffen, dass bis dahin die Situation, auch was Döbling und Favoriten betrifft, klarer wird. Unser Drama ist es, dass es keine Alternative zum Parkpickerl gibt. Wenn Sie mich fragen, wären sogenannte grüne Zonen, für die wir kämpfen und die international Standard sind, von der Logik her am besten geeignet. Grüne Zonen, in denen die Anrainer gratis oder in Wien von mir aus gegen eine Bearbeitungsgebühr und Nicht-Anrainer gegen Bezahlung, wie in einer Kurzparkzone, parken können", sagt Kobald, die weiter meint: "Bei grünen Zonen wäre der Verdrängungseffekt nicht so stark."

Kobald spricht ein Kapitel an, das nicht neu ist: "Es ist unzumutbar für Bewohner und Gäste, dass man so einen Fleckerlteppich erzeugt. Es kennt sich niemand aus. Jemand von außen hat überhaupt keine Chance, dass er das Ganze durchblickt. So wie das Parkpickerl derzeit geregelt ist, kann man als Bezirk nur Ja oder Nein sagen und in den saueren Apfel beißen oder nicht."

Favoriten rüstet sich

Während sich Hietzing und Döbling für eine Bürgerbefragung rüsten, steckt Favoriten mitten in den Vorbereitungen für die Umsetzung des Parkpickerls. Im September 2017, zeitgleich mit der der U1-Verlängerung nach Oberlaa, fällt der Startschuss. "Wir haben uns für die flächendeckende Variante entschieden, um nicht aufgrund des Verdrängungseffekts ein paar Monate später nachbessern zu müssen. Im 14. und 16. Bezirk konnte man damals den Wanderzirkus beobachten. Diese Bezirke mussten die Zonen erweitern. Das wollen wir nicht, wir wollen nicht Pingpong spielen", sagt Franz Jerabek, langjährige Büroleiter der Bezirksvorstehung in Favoriten.

Favoriten hat rund um U-Bahnenstationen mit Parkplatzproblemen zu kämpfen. Aber nicht nur. Und dieser weitere Punkt könnte ab September 2017 den Nachbarbezirk Simmering betreffen. "Es parken bei uns sehr viele Menschen, die in Wien nur unter der Woche arbeiten. Sie stellen die ganze Woche ihr Auto ab und das macht die Leute narrisch", weiß Jerabek. Überlappungszonen werde es nur mit dem 12. Bezirk im Bereich des George-Washington-Hofes, einem Gemeindebau an der Triester Straße, geben. Jene zum 4. und 5. Bezirk seien nicht möglich, da dort das Parkpickerl bis 22 Uhr gilt und es in Favoriten voraussichtlich bis 19 Uhr geplant ist.

"Die unterschiedlichen Modelle sind problematisch", meint Jerabek. Während Simmering eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat, die Anfang Februar zeigen wird, ob der Bezirk ein Parkpickerl einführen kann - gegebenenfalls, die Bürger stimmen in einer Bürgerbefragung zu - sieht Liesings SPÖ-Bezirksvorsteher Gerald Bischof der Einführung des Favoritner Parkpickerls gelassen entgegen. "Ob, und wenn ja in welcher Quantität das Parkpickerl von Favoriten einen Verdrängungseffekt bis in den 23. Bezirk haben wird, ist überhaupt nicht abschätzbar. Wir haben auch mit Verkehrsexperten gesprochen, das wäre alles Kaffeesud-Leserei", sagt Bischof.

"Keine Lösung"

Aktuell hält sich der Parkplatzdruck - mit Ausnahme der Grätzeln rund um die U6 und rund um die Schnellbahnstation - in Grenzen. "Diese Problematik zu lösen, wäre der Versuch, den Kreis quadratisch zu machen. Wir haben in 75 Prozent keine pendlerbedingten Parkplatzprobleme und damit auch keine Parkplatzprobleme, die man mit einem Parkpickerl lösen könnte. Entlang der U6, einen Korridor zu machen, wie vor drei Jahren vorgeschlagen wurde, bringt eine extreme Verdrängung mit sich. 300 Meter nach rechts und 500 Meter nach links wahrscheinlich", sagt Bischof. "Schau ma mal", heißt nun die Devise.