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Die Macht der Vereinigten Staaten

Von Matthias Greuling, Michael Schmölzer und Bernd Vasari

Politik

Im Bereich Innovationsfähigkeit, Ausbildung und Filmindustrie sind die USA weltweit weiterhin die Nummer eins.


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Die USA sind nicht mehr die unbestrittene Weltmacht Nummer eins. Vor allem China, aber auch Indien legten ein enormes Wachstum hin und fordern Washington in vielen Bereichen heraus. Trotzdem wird sich China noch eine Weile hinter den USA einreihen müssen. Denn die Zukunftsfähigkeit einer Wirtschaftsmacht hängt vor allem mit ihrer Innovationsfähigkeit zusammen - und hier sind die USA nach wie vor top. Die Gegebenheiten in den USA geben seit Jahrzehnten Entwicklungen vor - oder reagieren zumindest schnell darauf.

Das innovative Rückgrat der USA befindet sich im Silicon Valley, einer Gegend südlich von San Francisco im Bundesstaat Kalifornien. In der 100 Kilometer langen und 30 Kilometer breiten Region haben eine große Anzahl bedeutender Hightech und IT-Unternehmen ihren Firmensitz. Adobe, Cisco, eBay, Yahoo, Tesla und vor allem Apple, Alphabet - bekannter unter der Bezeichnung Google - und Facebook. Amazon und Microsoft wurden weiter nördlich im Großraum Seattle gegründet.

"Big Five"

Es sind Unternehmen, die ihre Branche anführen. Apple, Alphabet, Facebook, Amazon und Microsoft zählen zu den sogenannten Big Five, zu den fünf wertvollsten Unternehmen der USA. Wie zukunftsträchtig sie sind, zeigte die Corona-Krise.

In unsicheren Zeiten setzen Investoren auf Sicherheit. Sie schichteten daher ihre Gelder in Aktien jener Unternehmen um, die am meisten vom Lockdown profitierten. Das Ergebnis: Die Kurse der Big Five stiegen sprunghaft und erreichten Rekordwerte. Wie robust die US-amerikanische Wirtschaft ist, zeigten auch die vergangenen Jahre. Trotz eines sprunghaften Präsidenten, der in seiner Amtszeit sogar einen Wirtschaftskrieg mit China anzettelte, erlebte die US-Wirtschaft einen Aufschwung. Neben Rekorden an der Börse sank die Arbeitslosigkeit in Trumps Amtszeit auf das niedrigste Niveau seit Jahrzehnten.

Gestiegen ist allerdings die Staatsverschuldung. Zuerst riss Trumps Senkung der Unternehmenssteuern von 35 auf 21 Prozent im Jahr 2017 riesige Löcher in den Staatshaushalt. Dann wurde die Verschuldung durch Staatshilfen aufgrund der Corona-Pandemie noch weiter in die Höhe getrieben. Laut Haushaltsbüro des US-Kongresses werden die USA 2021 mit 21,9 Billionen Dollar - das sind 104 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - in der Kreide stehen. Damit würde die Verschuldung erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes übersteigen.

Fest steht: Die USA sind nach wie vor die weltweit führende Wirtschaftsmacht mit großen Chancen, das auch in Zukunft zu bleiben. Es wird vor allem davon abhängen, inwieweit die großen, innovativen Tech-Unternehmen das Land an ihrem Erfolg teilhaben lassen.

Top Universitäten

Unbestritten ist jedenfalls, dass die besten und bekanntesten Elite-Universitäten der Welt zu einem großen Teil in den USA zu finden sind. Harvard, Yale, Massachusetts Institute of Technology oder Princeton, so die klingenden Namen jener Universitäten, die an der Ostküste der USA liegen. Dazu kommen die kalifornischen Universitäten Stanford und die politisch traditionell progressive Universität Berkeley, wo auch zahlreiche Nobelpreisträger ihr Wissen an die Studenten weitergeben.

Weltspitze auch die US-Forschung. 3 Prozent ihres BIP geben die Amerikaner für Forschung und Entwicklung aus, die Forschungs- und Innovationslandschaft in den Vereinigten Staaten ist vielfältig und weitgehend dezentralisiert. Sie wird von staatlichen Stellen und verschiedenen privaten Organisationen unterstützt.<p>

Die USA sind für ihre Mentalität bekannt, dass alles machbar ist. Das gilt insbesondere für die Innovations- und Technologiebranche mit ihrer hohen Dichte an Risikokapitalgesellschaften, Banken, Investoren und "Business Angels". Risiko wird eingegangen, Misserfolg gilt dieser Mentalität zufolge als Chance - eine Geisteshaltung, die in Europa nicht so verbreitet ist. Die Strukturen sind Innovationen in allen Bereichen sehr förderlich. Mentorennetzwerke fördern Jungunternehmer und unterstützen die Gründung von Start-ups.

Dabei sind die Forschungsinstitute nicht nur an der Ostküste oder im Silicon Valley zu finden. Zentren finden sich auch im Süden, etwa in Atlanta und in der "Research Triangle" in North Carolina sowie Portland und Seattle in Oregon und Washington.

Weltmacht Traumfabrik

Weltmarktführer in Sachen Filmindustrie sind die USA zwar nicht, zumindest nicht, was den schieren Umfang ihrer Produktionen angeht - da hat Indien mit mehr als 800 jährlich produzierten Spielfilmen die Nase vorn. Was jedoch die Inhalte angeht, liegen die USA meilenweit in Führung. Durch einen jahrzehntelang verfolgten und immer weiter professionalisierten Kulturimperialismus gelang es Hollywood, die zentrale Rolle am Weltmarkt aufzubauen.

Einerseits steckte man in "Tinseltown" seit jeher Unsummen ins Marketing für Filme - etwas, das das europäische Kino kaum tut - und erzielt somit eine gigantische Außenwirkung in aller Welt. Andererseits heizte das Star-System, das schon in der Frühzeit des Kinos die Sehnsüchte des Publikums auf einzelne Schauspieler und Schauspielerinnen projizierte, die Gier nach immer neuen, größeren, spektakuläreren und opulenteren Produktionen an.

Das Netflix-Logo auf dem Bürogebäude des Streaming-Diensts in Hollywood.
© reuters/Nicholson

Filme dieser Art, die man als typisches Hollywood-Kino oder Blockbuster bezeichnet, haben durch die weltweite Verbreitung auch viele amerikanische Werte rund um den Globus verteilt und über die Kraft der Bilder letztlich auch dazu beigetragen, dass ganze Generationen mit diesen Werten, aber auch mit den Produkten, die in den Filmen zu sehen waren, aufgewachsen sind. Weil das Hollywood-Kino oftmals idealisierte Inhalte propagiert, entstand so über die Jahrzehnte ein Bild von Amerika, das ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten zeichnete, was jedoch nie der Realität entsprach.

Leugnen zwecklos

Man kann dem Hollywood-Kino unterstellen, diese Propaganda vorsätzlich zu betreiben, man kann dahinter aber auch keinerlei System ausmachen und meinen, es wäre ein Spiegel des übersteigerten Selbstbewusstseins einer Nation, in der es nur Gut und Böse gibt, Ersteres aber stets gewinnt. Was man nicht kann: diese Propaganda-Funktion wegleugnen.

Das System Hollywood ist heute in seiner Gesamtheit florierender denn je, auch dank der raschen Zunahme an Produktionen für die Streamingdienste Netflix, Amazon Prime & Co. Es trägt seine Botschaften somit noch direkter auf jedes Handy. Der kreative Pool, der Hollywood ausmacht, ist in seiner Größe beispiellos. Immerhin ist die Filmindustrie der viertgrößte Industriezweig in den USA mit Einnahmen von 12 Milliarden Dollar an den Kinokassen im Jahr 2019. Ein Vielfaches bringen Produkte, die rundum abgesetzt werden - von Popcorn bis Merchandising. Die Corona-Krise hat diesen Markt einbrechen lassen, aber es wäre nicht Amerika, würde man das nicht eher als Motivation zum Kampf denn als Rückschlag sehen.