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In der Regierung entsteht ein Streit um die Asylzahlen - Sobotka befürchtet einen "Links-Ruck" Kerns.
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Wien. Am 20. Jänner dieses Jahres haben sich der Bund, die Länder, die Städte und Gemeinden beim Asylgipfel darauf geeinigt, heuer nicht mehr unbegrenzt viele, sondern genau 37.500 Menschen zu einem Asylverfahren in Österreich zuzulassen.
Nun stellt sich innerhalb der Regierung die brennende Frage: Bei wie vielen Flüchtlingen stehen wir zurzeit und wann wird die Grenze von 37.500 erreicht sein? Bundeskanzler Christian Kern hat am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat gesagt, man sei zurzeit bei 11.000 Asylberechtigten. Tatsächlich gemeint hat er allerdings nicht "Asylberechtigte", also jene Menschen, die bereits einen gültigen Aufenthaltstitel haben, sondern in Österreich zu einem Asylverfahren zugelassene Flüchtlinge. Dies stellte Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) am Mittwoch klar, nachdem Kerns Aussage in den eigenen Reihen auf Irritation und beim Koalitionspartner auf heftige Kritik gestoßen war. Die Zahl 11.000 hätte Kern von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) übernommen, der sie im Ministerrat zuvor genannt hatte, erklärte Drodza.
Im Innenministerium hatte sich sofort die Sorge eingestellt, dass Kern einen "Links-Ruck" plane und vom Asylkurs der Bundesregierung abweichen wolle. Dieser stehe allerdings nicht zur Diskussion, polterte Sobotka einmal mehr. Mehrere ÖVP-Stimmen stellten sich umgehend hinter den Innenminister aus Niederösterreich: Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel meinte in einer Stellungnahme gegenüber der APA: "Wenn der neue Kanzler die Obergrenze bei Asylwerbern aufweicht, kann er gleich wieder abdanken." Generalsekretär Peter McDonald betonte in einer Aussendung, es gelte klar zwischen Begrifflichkeiten zu differenzieren: Würde sich die gemeinsam beschlossene Obergrenze nur auf die positiven Asylbescheide beziehen, würde das eine ähnlich hohe Antragszahl wie im letzten Jahr nach sich ziehen. Österreich könne aber nicht noch einmal so viele Flüchtlinge aufnehmen wie im Jahr 2015, so McDonald.
Kern sieht "Äpfel mitBirnen vermischt"
Kern selbst sieht in der wieder aufgeflammten Diskussion um Obergrenzen für Flüchtlinge "Äpfel mit Birnen vermischt". Man müsse zwischen Menschen, die nach Österreich gekommen sind und jenen, die das Recht auf einen Asylantrag haben, unterscheiden, sagte er am Mittwoch in der ORF-"ZiB". Dabei handle es sich um eine "deutlich kleinere Zahl".
Kern zeigte sich zudem der Debatte überdrüssig. "Mich interessiert diese Zahlendiskussion im Grunde genommen nicht besonders", meinte er. In Wahrheit gehe es um die Integration jener Menschen, die nach Österreich gekommen sind: "Wie sorgen wir dafür, dass sie eine Beschäftigung bekommen und nicht in Parks herumlungern?"
Den rechtlichen Rahmen, um die Obergrenze durchzusetzen, schafft die Notverordnungs-Regel im novellierten Asyl-Gesetz, das am Mittwoch in Kraft getreten ist. Diese sieht vor, dass Flüchtlinge nur noch ein eingeschränktes Recht auf Asyl haben, wenn eine Überforderung der staatlichen Behörden beziehungsweise eine Überlastung der öffentlichen Dienste droht. In der Novelle selbst wird keine zahlenmäßige Obergrenze genannt.
Bisher sind die Plänevöllig unausgegoren
Kern kündigte am Dienstag nach dem Ministerrat an, dass man sich nun mit den für die Notverordnung notwendigen Maßnahmen auseinandersetzen müsse. Bisher sind die Pläne dafür völlig unausgegoren. Es müssen Schnellverfahren konzipiert und die Versorgung der Flüchtlinge während dieser geklärt werden.
Bis es soweit ist, erscheinen Streitigkeiten über die Asylzahlen als fast unausweichlich. Kanzleramtsminister Drozda und auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) forderten das Innenministerium am Mittwoch auf, die Asylzahlen detailliert aufzuschlüsseln. Sobotka hat angekündigt, diesem Wunsch heute, Donnerstag, nachzukommen.