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Die Machtgier der Landesfürsten

Von Achim Ertl

Gastkommentare
Achim Ertl ist Marketingexperte und Politikberater sowie Mitglied der Kontrollversammlung der Pensionsversicherungsanstalt PVA; er war Referent im Steirer- märkischen Landtag und jahrelang Kommunalpolitiker.

Österreich braucht weniger Legoland-Föderalismus und mehr sparsame Effizienz.


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In Zeiten schwacher Kaiser haben die Fürsten ihre Rechte und Titel vermehrt. Sie taten das nicht zum Wohle ihrer Untertanen sondern für sich selbst. Analog dazu ist die Föderalismus-Debatte zu sehen. Starke Landespolitiker wollen einer schwachen Bundesregierung die fettesten Rinder von der Weide stehlen. Die Zentralregierung ist durch die Völkerwanderung und das zweifelhaft zentralisierte Hypo-Problem gelähmt.

Was passiert zeitgleich in Linz, Graz und St. Pölten? Wenig. Die Länder sind Titelblatt-abstinent. Das erzürnt die Landesfürsten. Dieser politische Acker hat den besten Humus für Rufe nach mehr Aufmerksamkeit in Form von Kompetenzen und Steuereinnahmen. Sehr clever wird die "Föderalismus"-Diskussion an mehreren Stellen gezündet. Vorboten waren die Landeslehrer und zügig nähert man sich der zentralen Forderung: Steuerautonomie!

Es geht darum, den Landeshauptleuten mehr Macht zu geben. Und nicht darum, Entscheidungen möglichst nahe am Volk zu fällen. Sonst hätten die Landtage analog zur Föderalismusforderung gegenüber dem Bund einige ihrer eigenen Landesabteilungen und Kompetenzen in die Bezirke verlegt. Die oft zitierte Schweiz wäre Vorbild; die eigentliche Demokratie findet auf Bezirksebene statt - eben in den Kantonen. Folglich wäre beispielsweise ein Parlament für die Hochsteiermark zu konstituieren. Dort wohnen 150.000 Menschen - ein mittelgroßer schweizerischer Kanton.

Die EU hat die europäische "Konföderation" bereits in vier Ebenen, genannt "NUTS", eingeteilt. Nationalstaaten sind auf der NUTS-0-Ebene angesiedelt und dann geht es hinunter bis zu den Bezirken. Die nächste Ebene zeigt für Österreich nur drei "NUTS-Regionen" und nicht unsere neun Bundesländer. Kein Land der EU hat einen Parlamentarismus auf einer NUTS-2 Ebene - außer eben Österreich. Ein Bundesland wird mit einem deutschen "Regierungsbezirk" gleich gesetzt und unsere etwa 80 Bezirke wurden von Brüssel auf 35 NUTS-Einheiten geschrumpft. Nur die Insel der Seligen selbst hält an seiner Legoland-Geografie fest. Ganz Österreich? Nein. Die Steiermark hat kürzlich Bezirke und Gemeinden auf sinnvolle Größen fusioniert.

Der Vorschlag: Die neuen Bundesländer bleiben eigenständig, schließen sich allerdings zu drei Großregionen (=NUTS 1) zusammen. Ihre wenigen Landesgesetze koordinieren sie auf "Regionskonferenzen". So machen das die Schweizer Kantone. Die Landtage bleiben bestehen um die Politik nahe am Bürger zu halten. Mehr Abgeordnete und weniger Landesräte. Ein Landesrat kostet (inklusive Büro) soviel wie etwa zehn Landtagsabgeordnete. Da können wir ja gleich über die Abschaffung der Landesregierungen nachdenken. Ein direkt gewählter Landeshauptmann ersetzt mit dem vom Landtag gewählten Landtagspräsidenten und dem beamteten Landesamtsdirektor die Landesregierung. Zum "Regieren" gibt’s in den Ländern sowieso wenig. Die Landesräte agieren in der Praxis als Spitzen der Verwaltung sowie als "Projektinitiatoren". Österreich braucht weniger Legoland-Föderalismus und mehr sparsame Effizienz.