Die Laieninitiative wird mittlerweile von mehr als 12.000 Menschen unterstützt und ihre Stimme gehört - nicht aber von der Hierarchie. Wir rufen deshalb ab Pfingsten zum offenen Widerstand gegen die Reformverweigerung auf. Wir bleiben bewusst in der Kirche, wollen uns aber vom klerikalen System befreien, das der Glaubensgemeinschaft schwer schadet.
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Ich bin in diese Kirche geboren und getauft. Ich liebe sie und halte sie für unentbehrlich. Ich schätze die großartigen Männer und Frauen im geistlichen Dienst, die immer weniger Nachfolger finden: volksverbundene Priester, Ordensleute, einsatzfreudige pastorale Mitarbeiter. Ich bewundere die Unzähligen, die im Dienst an bedürftigen Mitmenschen einer moralisch verblassenden Welt Jesu Liebe vor Augen führen.
Doch all das droht immer mehr verlorenzugehen. Paulus setzt die Kirche dem Leib Jesu gleich - mit vielen verschiedenen Gliedern. Der Organismus ist krank geworden, er leidet am Vatikan wie an einem vergiftenden Geschwür. Es gibt keinen Grund, dies nicht offen auszusprechen. Heilung beginnt stets mit der Diagnose.
Die Männer, die prachtvoll in Rom residieren, begehen Verrat an Jesus. Die Kirche erlag der Versuchung rücksichtsloser Macht und begründet sie wahrheitswidrig: Der einfache Fischer Petrus sei der "erste Papst" gewesen und durch seine "Einsetzung" die Kirche samt Ämtern und Vorrechten zur alleinigen Stellvertretung des Herrn befugt. Widerspruch sei Ungehorsam gegenüber Gott selbst - welch ungeheuerliche Anmaßung!
Dieser Wahn führte weit weg von Jesus. Bis heute wird er zu demokratischer Selbständigkeit erzogenen Menschen zugemutet. Doch Jesus sagte seinen Schülern (zu denen er auch Frauen berief), er wolle bleibende Gemeinschaft mit ihm. Sich Herrschaft anzumaßen, verbat Jesus - nur dem himmlischen Vater sei in selbstlosem Dienst zu gehorchen!
Das zum Befehlen statt zum Dienen verkommene absolutistische Papstregime liegt in der Hand eines weltfremden und überforderten Theologen alten Zuschnitts, der die fatale Verfälschung des Christentums seit der Antike verkörpert. Spitzfindige Konstruktionen, Mythen und Legenden sind ihm unumstößliche Wahrheit. Das bewirkt uninspirierte Verengung, Leib- und Frauenfeindlichkeit und Misstrauen gegen alles Neue, vor allem aber Arroganz gegenüber Gottes Volk. Auch böse Angst plagt die kirchliche Obrigkeit: vor einer sich verändernden Welt, selbständig denkenden Menschen, dem Fortschritt und dem längst eingetretenen Autoritätsverlust. Der Vatikan ist ein Bunker der Verteidigung des Althergebrachten statt ein Zentrum der Verkündigung der Frohbotschaft - eine Scheinwelt, die uns und vor allem der Jugend unerträglich fremd ist.
Das ist nicht meine Kirche! Sie muss erneuert, wieder lebendig und menschennah werden! Das absurde System muss überwunden werden. Wir können es nicht abwählen. Um das ganz und gar ungeeignete Kirchenregime loszuwerden, muss man ihm die Gefolgschaft mit Selbstbewusstsein verweigern. Es ist so lange zu isolieren und unwirksam zu machen, bis es draufkommt, dass es sich ganz ändern muss.
Herbert Kohlmaier war Politiker (Volksanwalt) und ist Obmann der Reformbewegung Laieninitiative.