Was könnte man nicht alles mit den 2 Mrd. Euro anfangen, die die Eurofighter kosten: Pensionen sichern, Steuern senken, Straßen bauen und vieles mehr. So wollen es zumindest jene, die den Sozialstaat durch die Verteidigungsausgaben bedroht sehen. Für den Leiter des Österreichischen Büros für Sicherheitspolitik, Erich Reiter, ein "populistisch motivierter Fehlschluss", betragen doch die Verteidigungsausgaben nur einen Bruchteil der Sozialausgaben. Zudem ist das Verhältnis der beiden Budgetposten längst kein Nullsummenspiel.
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Die These von der Bedrohung des Sozialstaats durch steigende Verteidigungsbudgets bezieht sich dabei nicht auf Österreich allein. Tatsächlich meinte etwa der Grüne Sicherheitssprecher Pilz anlässlich einer gemeinsamen Diskussion vor einigen Wochen, Europa dürfe nicht den Fehler begehen, sich vom europäischen Sozialstaats zu verabschieden, nur um so die Mittel frei zu schaufeln, um mit den USA militärisch gleich zu ziehen.
Reiter nahm dies zum Anlass, die Sozial- und Verteidigungsbudgets der 15 EU-Staaten zu vergleichen und zueinander in Beziehung zu setzen. Sein Schluss: Europas Verteidigungsausgaben im Allgemeinen - und jene Österreichs im Besonderen - sind viel zu gering, als dass sich auf ihre Kosten die Sozialsysteme sichern bzw. sanieren ließen. Die durchschnittliche europäische Relation von Verteidigungs- zu Sozialausgaben beträgt 1:15. Lediglich zwei Länder weichen davon beträchtlich ab: Zum einen Griechenland, das mit einem Verhältnis von 1:5,1 die anteilsmäßig höchsten Verteidigungsausgaben tätigt, zum anderen Österreich, das mit 1:36,4 diesbezüglich das niedrigste Verhältnis hat. "Damit müsste Österreich sein Verteidigungsbudget mehr als verdoppeln, um zumindest den EU-Durchschnitt im Verhältnis von Sozial- zu Verteidigungsausgaben zu erreichen", erklärt Reiter im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Allein schon aufgrund dieser Größenverhältnisse ist für Reiter die These einer Gefährdung des Sozialstaats durch die Verteidigungsausgaben "lächerlich". Selbst wenn man das Verteidigungsbudget von derzeit 0,8 BIP-Prozent auf Kosten des Sozialbudgets verdoppeln würde, hätte dies eine Verringerung von lediglich 2,75 Prozent der staatlichen Sozialausgaben zur Folge.
Darüber hinaus konnte der Sicherheitsexperte keinerlei innneren Zusammenhang zwischen den beiden Budgetposten feststellen: Weder implizieren hohe Sozialausgaben zwingend niedrige Verteidigungsbudgets noch umgekehrt. Das bündnisfreie Schweden hat EU-weit die höchsten Sozialausgaben und liegt bei den Verteidigungsausgaben auf Rang 4. Frankreich belegt bei beiden Budgetposten Platz 2, Deutschland ist 3. und 8.
Es zeigt sich, dass - eben mit den beiden Ausnahmen Griechenland und Österreich - jene Länder mit niedrigen Verteidigungsbudgets in der Regel auch über niedrige Sozialbudgets verfügen: Spanien belegt hier die Ränge 12. (Verteidigung) und 14. (Soziales), Irland 13. und 15., Luxemburg die Plätze 15. und 13.
Für Reiter geht jedoch diese Diskussion am Kern des Problems vorbei: Denn in Summe würden Europas Verteidigungsausgaben durchaus ausreichen, um seiner internationalen Verantwortung gerecht zu werden. Allerdings habe jeder nur seine eigene Armee im Auge. Es fehlt "an der strategischen Notwendigkeit, Europas Armeen zusammenzulegen".