Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der kommunistische Grauschleier von Ost-Sprachen ist längst abgestreift, inzwischen ist es chic, Ungarisch und Slowenisch zu lernen. Doch nicht nur deshalb stecken immer mehr Eltern ihre Kinder in zweisprachige Klassen, ohne dass sie in ihrer Familie slowenische, kroatische oder ungarische Wurzeln haben.
Denn die zweisprachigen Schulen sind mehr als Karriereschmieden: Österreichs Minderheitensprachen werden durch sie vor dem Aussterben bewahrt; gerade einmal sieben Schüler werden etwa auf Romanes unterrichtet. Zum anderen profitieren die Kinder; es stärkt ihr Selbstbewusstsein und Sprachvermögen, wenn sie die Sprache ihrer Wurzeln kennen. Das gilt daher auch für Kinder mit Migrationshintergrund.
In Kärnten herrschte lange das Paradoxon, dass man stolz war, nicht slowenisch zu sprechen. Hier steckt nicht nur der Lindwurm drin; auch in Wien zuckt die junge Supermarktkassiererin – angesprochen auf ihr fließendes Ungarisch – mit den Schultern. Anerkennung ist sie für diese Sprache nicht gewohnt.
Kein Wunder, dass nach wie vor zwischen "guten" und "schlechten" Sprachen unterschieden wird – was nicht zuletzt der österreichischen Einwanderungspolitik zu verdanken ist. Schließlich ist der Deutschkurs nur für Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern verpflichtend.
Schön langsam dringt aber die Erkenntnis durch, dass nicht nur Englisch, Französisch und Spanisch "etwas bringen" und Mehrsprachigkeit kein Problem beim Spracherwerb darstellt – im Gegenteil. Daher sollten auch Familien mit Migrationshintergrund ermutigt werden, ihre Kinder in zweisprachige Schulen zu geben, auch wenn sie mit zwei weiteren Sprachen konfrontiert werden.
Doch anstatt Mehrsprachigkeit zu propagieren, kokettieren Politiker mit ihren sprachlichen Schwächen, etwa Maria Fekters "shortly". Dieses ist quasi Bestandteil einer Kultur, in der man stolz ist, keine Leistung erbracht zu haben. Das beginnt schon beim Prahlen mit dem allgemeinen Versagen in der Schule während das Vorzugszeugnis unter den Scheffel gestellt wird. Damit wird suggeriert: Man schafft es auch so! Doch das gelingt nur, wenn man zu Hause gefördert wird oder durch den sozialen Hintergrund einen Vorsprung in Sachen Bildung genießt.
Wichtig wäre, die Kluft zwischen Kindern aus bildungsnahen und -fernen Familien zu schmälern, indem sie nicht mehr mit zehn Jahren auseinander dividiert werden. Außerdem muss für flächendeckenden Unterricht in der Muttersprache Sorge getragen werden, und zwar vom Kindergarten bis zur Matura. Denn heute ist dieser jenen vorbehalten, die im Elternhaus gefördert werden. Doch auch ihre Zukunft ist zu wichtig, um Eltern mit dieser Verantwortung alleine zu lassen.