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Infektionsgeschehen bremst sich ein, Gesundheitsminister Rauch will weiter zuwarten.
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In der Vorwoche hatte es nach Interviews von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) noch so ausgesehen, als stünde die Wiederkehr der Maskenpflicht unmittelbar bevor. Und auch entsprechende Äußerungen von Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer am Wahlabend hatten diesen Schluss nahegelegt. Doch die Maskenpflicht dürfte nun doch nicht kommen - zumindest vorerst nicht. Das war der Sukkus eines Hintergrundgesprächs mit Rauch am Mittwochabend, in dem er über Entscheidungsgrundlagen berichtete. Seit den ersten vagen Ankündigungen in Richtung Rückkehr dieser Maßnahme ist freilich etwas passiert: Das Infektionsgeschehen hat sich merklich eingebremst.
Die Sieben-Tages-Inzidenz der Infektionen war am Mittwoch bereits den dritten Tag leicht rückläufig. Auch in den Abwasseranalysen offenbart sich bereits ein kleiner Knick, und die effektive Reproduktionszahl, ein weiterer Indikator, senkt sich seit einigen Tagen und liegt fast wieder bei 1. Dieser Wert ist relevant: Über 1 nehmen die Fallzahlen zu, unter 1 sinken sie. Die aktuelle Verordnung des Gesundheitsministers läuft am 23. Oktober aus, spätestens bis dahin muss eine Entscheidung fallen, wobei diese auch darin bestehen kann, dass das derzeitige Regime an Maßnahmen – viele gibt es nicht mehr – einfach verlängert wird.
"Appelle helfen nur bedingt"
Wissenschaftlich unstrittig ist, dass das (richtige) Tragen einer Maske bei Kontakt mit Infizierten das individuelle Infektionsrisiko senkt. Deshalb appellierte Rauch auch, gerade jetzt in Zeiten erhöhter Virusaktivität, zu diesem sehr simplen Schutz zu greifen, wenn man sich in engen Innenräumen mit anderen Personen befindet. Er sei sich aber auch dessen bewusst, dass "Appelle nur bedingt helfen". Die Wirksamkeit einer verordneten Maskenpflicht auf das gesamte Infektionsgeschehen ist jedoch nicht identisch mit der individuellen Schutzwirkung. Rauch ortet in dieser Frage eine starke Polarisierung. "Wir müssen die Menschen überzeugen."
Ob sich der jüngste Trend fortsetzt und die Infektionszahlen tatsächlich nachhaltig fallen, kann derzeit nicht gesagt werden. Aus den Vorjahren ist bekannt, dass vor allem ab Ende Oktober und Anfang November die Virusaktivität zunimmt, wenn der saisonale Effekt komplett wegfällt. Denkbar ist daher, dass der gegenwärtigen Bremsung in einigen Wochen ein weiteres Aufflammen folgt. Zuletzt haben sich wieder mehr Menschen aufgefrischt, in der Vorwoche mehr als 100.000 Personen. "Das ist entscheidend", sagte Rauch. Der Schutz vor Infektionen ist durch eine solche vierte Impfung allerdings schwach ausgeprägt und hält jedenfalls nicht lange an. Es könnte aber dennoch insgesamt auf das gesamte Infektionsgeschehen günstig wirken.
Keine Grenzwerte genannt
Bei dem Pressetermin machte Rauch auch klar, dass er keinen Alleingang innerhalb der EU möchte. Präsentiert wurde eine Grafik, wonach derzeit in keinem Land eine allgemeine Maskenpflicht in Innenräumen verordnet ist. "Ich überlege mir gut, ob wir die Ersten sind", sagte er. Schwellenwerte, ab denen diese Maßnahme wieder eingeführt wird, nannte Rauch am Abend nicht, sondern er verwies auf die Gesamtschau, wobei die Spitalsbelegung nach wie vor ein wesentlicher Faktor ist. Auf den Intensivstationen spielt Covid-19 kaum noch eine Rolle, wohl aber auf den Normalstationen. Jedoch wächst der Anteil jener, bei denen eine Corona-Erkrankung als Nebendiagnose registriert wurde.
Bei der Interpretation der Spitalsdaten ist jedoch Vorsicht geboten, denn die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebendiagnosen ist oftmals sehr fließend. Gerade bei sehr Betagten und Personen mit gewissen Risikofaktoren kann Covid-19 nach wie vor, also trotz Impfung und vorangegangenen Infektionen, eine Spitalsbehandlung nötig machen, meist im Zusammenspiel mit anderen, bestehenden Grunderkrankungen.
Auch andere Viren kehren zurück
In den vergangenen Wochen haben zudem andere Viren, auch bereits die Grippe, an Aktivität zugenommen. Auch diese Infektionen können bei gewissen Gruppen zu schweren Verläufen führen. Und sie bedingen Krankenstände, die zur Zeit an Schulen, in Spitälern und auch vielen Betrieben zu personellen Engpässen führen. Katharina Reich nannte etwa auch das RS-Virus, das derzeit unter Kindern besonders grassiere. Das Robert-Koch-Institut in Deutschland nimmt mittlerweile auch eine Gesamtschau von sämtlichen Atemwegserkrankungen vor. In der letzten September-Woche wurde hochgerechnet, dass 9,1 Prozent der Bevölkerung aktuell erkrankt sind, nur ein kleiner Teil davon an Covid. Das passt auch mit Meldungen aus Österreich zusammen. Die Kärntner Bildungsdirektion hatte in der Vorwoche gemeldet, dass jeder zehnte Lehrer derzeit krankgemeldet ist.
Das Tragen einer Maske schützt übrigens auch vor anderen respiratorischen Infekten, vermutlich sogar besser als vor Sars-CoV-2, da speziell Omikron sehr infektiös ist, weit mehr als Grippe. Diese Maßnahme könnte auch eine Rolle gespielt haben, dass selbst im vorigen Winter, ohne Lockdown, eine Influenza-Welle ausgeblieben ist. Diesen Sommer kam sie jedoch umso stärker in Australien, als dort Winter war, zurück. Laut Reich müsse auch in Europa mit einer größeren und auch früheren Welle gerechnet werden. Die Grippe-Impfungen, die normalerweise ab November angeboten werden, werden nun auch auch vorgezogen.