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Die Mauern werden brüchiger

Von Tamara Arthofer

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Ob Felix Neureuther, bei dem nicht alles, aber vieles darauf hindeutet, dass Aare 2019 sein letztes Großereignis gewesen sein wird, ein ähnlich märchenhafter Abschied gegönnt sein wird wie Aksel Lund Svindal und Lindsey Vonn? Zu gönnen wäre es ihm allemal. Denn wie Svindal und Vonn hat auch er trotz vergleichsweise bescheidenerer Ausbeute dem Sport durch seine Persönlichkeit viel und - noch wichtiger - den Sportlern eine Stimme gegeben, auch wenn er dadurch immer wieder aneckte. Jetzt sagt Neureuther zur "NZZ": "Die Verbände sind so mächtig, dass die Athleten gar keine Chance haben. Viele Funktionäre versuchen, die Athleten klein zu halten. Und wenn wir etwas vorschlagen, wird es ausgesessen." Wäre Hannes Reichelt ein Sänger, könnte er ganze Arien davon schmettern - so aber musste er als Athletensprecher entnervt anerkennen, dass man "gegen eine Wand" laufe, wie er einmal sagte. Doch die Mauern, die die Funktionäre der großen Sportorganisationen um sich aufgebaut haben, werden brüchiger. In den US-Sportarten gibt es längst starke Gewerkschaften, in Österreich nimmt die Vereinigung der Fußballer seit langem eine Vorreiterrolle ein, im Wassersport schwimmt Topstar Katinka Hosszú gegen den Weltverbandsstrom, und weltweit formiert sich gerade eine Sportarten-übergreifende Vereinigung namens "Global Athlete". Sportler haben heute viel mehr Möglichkeiten als früher, sich direkt an die Öffentlichkeit zu wenden, gerade Vonn und Neureuther haben es mit ihren Social-Media-Aktivitäten vorgemacht. Dass das Aufbegehren für Nervosität bei manch Funktionären sorgt, ist verständlich. Doch gleichzeitig ist es ein Hoffnungsschimmer für die Neureuthers von morgen.