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Bei der Steuerreform gibt es auch Verlierer. Doch für viele wird die tatsächliche Entlastung höher sein als die gefühlte.
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Die Steuerreform 2016 bewegt große Volumina. Lohn- und Einkommensteuer werden um mehr als fünf Milliarden Euro gesenkt. Das sind 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung oder 15 Prozent des für 2016 ursprünglich geschätzten Aufkommens aus diesen Steuern - die umfangreichste Senkung der Lohn- und Einkommensteuer seit der etwas größeren Steuerreform 1975.
Höhere Steuereinnahmen sollen einen Teil der Entlastung der Einkommen ausgleichen. Der größte Posten sind Mehreinnahmen durch Betrugsbekämpfung, die 37 Prozent der Steuerausfälle kompensieren sollen. Ein weiteres Viertel stammt aus "echten" Steuererhöhungen, der Großteil davon aus der strukturell sinnvollen Einschränkung von Steuerausnahmen in Einkommensteuer und Umsatzsteuer; ein kleiner Teil aus höheren Steuern auf Kapitalerträge und Immobilienübertragungen sowie der Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage. Insgesamt fließen gut 60 Prozent des Entlastungsvolumens in Form von Mehreinnahmen wieder zurück in die öffentlichen Kassen.
Das mag erklären, weshalb sich laut einer Gallup-Umfrage nur knapp ein Viertel der Befragten als Reform-Gewinner fühlen. Zwar ist richtig, dass die Steuerschuld in Euro umso mehr sinkt, je höher das Einkommen ist, und dass die mittleren Einkommen prozentual am meisten entlastet werden - weshalb etwa zwei Drittel des gesamten Entlastungsvolumens auf Männer entfallen. Aber anders als bei manch früheren Steuerreformen sind auch die Bezieher von Niedrigeinkommen einschließlich der Pensionisten entlastet worden. Freilich sollten im nächsten Schritt gezielt für die unteren Einkommen die Sozialbeiträge gesenkt werden - auch, um hier die Arbeitsanreize weiter zu stärken.
Jedenfalls wird unterm Strich die tatsächliche Entlastung für viele höher sein als die gefühlte: Der Großteil zahlt tatsächlich ab 2016 insgesamt weniger Steuern. Für sie ist die Entlastung durch Tarifsenkung und Negativsteuererhöhung höher als die Mehrbelastung durch Erhöhungen bei ermäßigten Mehrwertsteuersätzen und Einschränkungen bei den Absetzmöglichkeiten in der Einkommensteuer.
Es soll nicht verhehlt werden, dass es bei dieser Steuerreform auch Verlierer gibt. Etwa die kleine Gruppe, die nach der Reform Mehrbelastungen hinnehmen muss, die erst langfristig durch die Steuerentlastung aufgewogen werden - etwa Vererber von Immobilien. Oder die Umwelt, die nur wenig berücksichtigt wurde. Allerdings wird die Mehrheit der Steuerzahler wirklich entlastet. Und jenseits dieser individuellen Perspektive, in der Entlastungen und Belastungen saldiert werden, gewinnen alle, wenn die Steuerreform als Hebel wirkt: Wenn allgemein die Steuerehrlichkeit zunimmt, weil nicht mehr toleriert wird, dass sich bestimmte Gruppen ihrem fairen Beitrag zur Staatsfinanzierung entziehen und alle anderen dafür höher belastet werden. Oder wenn die Steuerreform nun ein breit angelegtes Reformprogramm auslöst, an dessen Ende die Steuermittel effizienter eingesetzt werden, sodass mehr Mittel in Zukunftsbereiche fließen und auch eine Senkung der Gesamtbelastung möglich wird. Und wenn weitere Reformen hin zu einem ökologischeren, einfacheren, wachstums- und beschäftigungsverträglicheren Abgabensystem folgen.