Jakub Kalensky, Mitarbeiter der EU-Abteilung East StratCom, die russische Fake News abwehrt, über die jüngsten Hackerangriffe.
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Brüssel. Hackerangriffe auf die Kampagne von Emmanuel Macron, Fake News über den Umgang europäischer Staaten mit dem Flüchtlingsproblem. Erfundene Vergewaltigungen und offene Unterstützung für Nationalisten und Rechtspopulisten: Russlands Anstrengungen, per Irreführung den Westen zu schwächen und den EU-Integrationsprozess rückgängig zu machen, sind offensichtlich.
Als im Kampf um die Ukraine die Moskauer Propagandamaschinerie 2015 zur Höchstform auflief, antwortete die EU mit der Gründung von East StratCom, einer Task Force, die systematische Desinformation bekämpfen soll. Diese Woche treffen sich europäische Experten beim "Stratcom Summit 2017" in Prag, um über Strategien zu diskutieren. Dabei gehe es nicht darum, seinerseits Unwahrheiten zu streuen, erklärt Jakub Kalensky von East StratCom im Rahmen eines Medien-Seminars, das von der "Association of European Journalists" (AEJ) in Brüssel organisiert wurde. Die Task Force wolle Unwahrheiten mit Fakten bekämpfen und diese allgemein zugänglich machen.
Kalensky berichtet von einer Desinformationskampagne enormen Ausmaßes, die im Sinne des Kreml täglich den Versuch starte, den Westen zu destabilisieren. East StratCom - die Abteilung ist Teil des Europäischen Auswärtigen Dienstes - versuche, dem Meer an Lügen Tatsachen entgegenzusetzen, die online für jedermann abrufbar sind.
Die westlichen Medienkonsumenten sollen dazu gebracht werden, "an allem zu zweifeln, auch am Konzept Wahrheit an sich". Wobei es, so Kalensky, charakteristisch für die russische Propaganda sei, dass sie immer einen wahren Kern beinhalte. Das Ziel der Agitation sei, den Eindruck zu vermitteln, dass man die Wahrheit niemals erfahren werde. "Ein Großteil Europas ist sich nicht bewusst, dass hier ein regelrechter Kampf im Gange ist", warnt Kalensky. Das gezielte Streuen von Desinformation sei durchaus als Teil einer Kriegsstrategie zu bezeichnen.
Das habe auch schon direkte, praktische Auswirkungen. Er sehe immer wieder Menschen, die die Kreml-Lügen wie Papageien nachbeten würden, darunter Verschwörungstheorien aller Art. Zuletzt wäre eine Kampagne gegen den französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron gelaufen, wobei verbreitet wurde, dieser sei homosexuell.
Kalensky ist sich bewusst, dass er einen schier aussichtslosen Kampf gegen eine große Übermacht führt. Er und seine Abteilung umfassten gerade einmal elf Personen. Wie viele "Trolle" und andere Verbreiter gezielter Unwahrheiten es gibt, wagt er nicht zu schätzen.
Den Vergleich mit "Breitbart" in den USA, einem extrem rechten Kanal, der Verschwörungstheorien streut, will Kalensky nicht ziehen. "Breitbart" agiere schließlich nicht im Regierungsauftrag, Kalensky weiß von russischen Journalisten, die von Wladimir Putin Orden erhalten hätten, weil sie im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise bewusst unwahr berichtet hätten. Das, was in Russland laufe, sei "staatlich organisiert" mit dem Ziel, "den Westen zu zerstören". Vergleichbares gebe es in den USA nicht.
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