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Spaniens Banken drohen enorme | neue Abschreibungen auf Immobilien.
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Madrid. Unter normalen Umständen wäre das achte Rezessionsquartal in Folge und eine um 0,1 Prozent geschrumpfte Wirtschaft wohl kein Grund für Zuversicht. Doch die Krise hat die Perspektiven verschoben. Und damit wird auch selbst eine solche Prognose, wie sie die spanische Nationalbank am Dienstag für das zweite Quartal 2013 vorgelegt hat, plötzlich zum Keim der Hoffnung. Denn die Wirtschaft ist zwar neuerlich eingebrochen, in der ersten vier Monaten des Jahres lag das Minus mit 0,5 Prozent aber deutlich höher.
Angesichts der Zahlen rechnen die spanische Regierung und die Notenbank bereits damit, dass die Dauerrezession in den Sommermonaten endlich ein Ende finden könnte. Große Erwartungen werden dabei nicht zuletzt in eine steigende Binnennachfrage gesetzt. "Die entsprechenden Stimmungsindikatoren haben sich zuletzt stetig verbessert", heißt es in der Quartalsanalyse der Banco de Espana.
Die Hoffnung könnte sich allerdings als trügerisch erweisen. Denn während die großen makroökonomischen Daten trotz der Rekordverschuldung von 88,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts tatsächlich eine leichte Verbesserung versprechen, erscheint eines der gravierendsten Probleme der spanischen Wirtschaft nach wie vor ungelöst. Laut den Daten der Consulting-Firma RR de Acuna y Asociados haben die ohnehin angeschlagenen Banken noch immer Immobilieninvestments in Höhe von 97,1 Milliarden Euro in ihren Büchern stehen, wobei 43,6 Milliarden aus direktem Landbesitz resultieren und 53,5 Milliarden als Kredite an Immobilienentwickler vergeben wurden.
Banken bauen selbst
Die Chance, dass die Grundstücke zu einem annähernd dem Buchwert entsprechenden Preis verkauft werden könnten, ist in vielen Fällen allerdings gleich null. Seit dem Platzen der spanischen Immobilienblase im Jahr 2008 sind die Quadratmeterpreise laut offiziellen Angaben um 43 Prozent gesunken, unabhängige Experten gehen aber davon aus, dass selbst diese Zahlen noch viel zu optimistisch sind und kalkulieren mit einem Verlust von bis zu 70 Prozent.
Dass diese Einschätzung - und damit weitere Abschreibungen in Milliardenhöhe - nicht so weit von der Realität entfernt liegen dürften, zeigt auch die tagtägliche Erfahrung der Realitätenvermittler. Abseits der touristisch erschlossenen Küstenregionen, die noch immer sonnenhungrige Pensionisten aus dem kalten Norden Europas anziehen, lassen sich Grundstücke nicht einmal mit gewaltigen Rabatten losschlagen. "Einige dieser Liegenschaften werden wieder in Ackerland umgewidmet werden müssen", sagt Alvaro Martin-Ropero von der Immobilienbewertungsfirma Tinsa. "Dann werden dort so wie ursprünglich wieder Zwiebel angebaut." Vor allem in den von kleineren Städten geprägten Regionen Zentralspaniens bleibt den Banken damit oft nur ein Ausweg, um zumindest einen Teil ihres Investments wieder hereinzubekommen: Sie ziehen auf den Grundstücken selbst Wohnhausanlagen, Einkaufszentren oder Gewerbeparks hoch.
Für die Banken - denen viele Grundstücke auch deshalb zufallen, weil immobilienbesicherte Kredite nicht mehr bedient werden können - bedeutet das freilich ein zusätzliches und riskantes Investment in einer Zeit der ohnehin schon knappen Mittel. Dem spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos zufolge drohen neue Regeln zur Absicherung von Krediten ein neues Finanzierungsloch in der Höhe von insgesamt zwei Milliarden Euro zu reißen.
Bereits jetzt schon gewähren die spanischen Banken, denen im Gegenzug für ein umfassendes Sanierungsprogramm EU-Hilfen von bis zu 100 Milliarden Euro zugesichert wurden, Kredite wieder nur sehr zögerlich. So fiel das Volumen der Darlehen, die in den ersten fünf Monaten 2013 an den Privatsektor vergeben wurden, um sieben Prozent unter das Niveau vor Jahresfrist. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte daher in der vorigen Woche vor einer Verschärfung der Kreditklemme, die einen möglichen gesamtwirtschaftlichen Aufschwung in Spanien wieder abwürgen könnte. Sollte sich die Lage nicht verbessern, könnte es nach Ansicht des IWF sogar möglich sein, dass Spanien Änderungen an den mit der EU-Kommission ausgehandelten Plänen für die geretteten Bankinstitute vornehmen muss.