Elisabeth Olischar ist jung, progressiv, weiblich und damit genau das, was ÖVP-Parteichef Manfred Juraczka glaubt, in diesem Wahlkampf zu benötigen. Trotzdem: Beworben wurde die schwarze Listenzweite bei der Wählerschaft bisher kaum.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Elisabeth Olischar ist nicht notwendigerweise die typische ÖVP-Kandidatin. Die 27-Jährige sucht sich für das Gespräch das sonst von einem eher linken Publikum frequentierten Weltcafé in der Schwarzspanierstraße im 9. Bezirk aus, sichtlich ein Ort, an dem sie oft und gerne ist. Ohne einen Blick in die Karte zu werfen, bestellt sie einen mexikanischen Kaffee und macht es sich in einem der tiefen Polstersofas bequem.
Die ÖVP Wien handelt sie als großen Überraschungscoup, seit Landesobmann Manfred Juraczka sie als Listenzweite aufstellte. Man wollte wohl zeigen, dass auch Junge - und vor allem junge Frauen in der ÖVP ein Zuhause finden können. Grundsätzlich nicht der schlechteste Plan, doch unterließ die Partei fast jegliche Anstrengung, Olischar auch der Wählerschaft vorzustellen. In ihrem Bezirk Döbling konzentrierte man sich, wie in den meisten Bezirken auf den Spitzenkandidaten, der dort seit 1978 Adolf Tiller heißt, und auch sonst stolpert man nicht gerade über Informationen über die studierte Landschaftsplanerin. Dabei täte die ÖVP gut daran, sich mehr für sie ins Zeug zu legen. Immerhin stieß Juraczka bei der Listenerstellung einige ziemlich vor den Kopf. Proteste gab es etwa von Ingrid Korosec, Chefin des Seniorenbunds, die sich ein fixes Mandat erwartet hatte.
Olischar versucht, diesem Umstand die Dramatik zu nehmen. Die Reihung sei "gar nicht mehr so relevant", weil durch den Vorzugsstimmenwahlkampf auch jene, die weiter hinten gereiht sind, die Möglichkeit hätten, nach vorne zu kommen. "Ich traue Ingrid Korosec auf jeden Fall zu, dass sie den Einzug schaffen wird", sagt sie und spricht von einer Win-win-Situation für alle, da auf diese Weise gleichzeitig jüngere Kandidaten eine Chance bekämen, präsent zu sein. Vielleicht muss sie das sagen, um nicht als respektlos abgestempelt zu werden, doch erweckt Olischar nicht den Eindruck einer, zu deren Alltagswerkzeug leere Phrasen gehören. Bereits seit 2006 ist sie für die ÖVP Döbling aktiv. Ihre Themen im Wahlkampf: Frauen und Familie, Umwelt und direkte Demokratie. Auf die Frage, ob sie es mit ihren Interessen nicht in einer anderen Partei leichter gehabt hätte, sagt sie, sie erhalte innerhalb der Partei viel Unterstützung. Wenn es um die Bewerbung ihrer Person geht, hört man von ihr Sätze wie: "Man kann auch aus dem Hintergrund antreiben und muss nicht immer in der ersten Reihe stehen". Und: "In der Politik ist es für mich mehr der persönliche Bezug zu den Leuten, das hilft oft viel mehr, als überall vorzukommen."
Entkriminalisierte Familienpolitik
Trotzdem wirkt sie ein wenig wie ein Fremdkörper. In einer Partei, die gegenwärtig "Mei Auto is ned deppert" plakatiert, wirbt sie für den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und macht Umweltschutz zu einer ihrer Prioritäten. Wie das zusammengeht, erklärt sie mit einem Wort: Wahlfreiheit. "Ich distanziere mich davon, dass die ÖVP eine reine Autofahrerpartei ist. Gerade unter jungen Leuten gibt es immer weniger, die einen Führerschein haben. Was wichtig ist, ist, dass man die freie Entscheidung hat. Ich will Autos nicht aus der Stadt verbannen. Ich habe selbst eines, aber unter der Woche nehme ich eben die Straßenbahn oder das Fahrrad in die Stadt hinein." Um den Verkehr in Wien zu beruhigen, müsse man eben das Angebot an Öffis verbessern, dann würden die Leute auch seltener ins Auto steigen.
Ähnlich sieht sie viele Dinge in der Familienpolitik. Man müsse das Familienthema "entkriminalisieren", sowohl für Frauen, die sich für Karenz entscheiden, als auch für Männer. Gleichzeitig bedürfe es Entlastung durch mehr und flexiblere Kinderbetreuungsplätze, "damit jeder sein Leben leben kann, wie er will". Sie glaube auch, dass Maßnahmen, die Leute zu etwas zwingen, wie etwa drei Monate verpflichtende Väterkarenz, nicht der richtige Weg seien. Man müsse jene, die sich für die Karenz entscheiden besser schützen. "Ein Beispiel ist Weiterbildung während oder nach der Karenz. Wer zu Hause bleibt, darf beim eigenen Unternehmen nicht an Weiterbildungen teilnehmen, weil das versicherungstechnisch nicht funktioniert", so Olischar. Damit sei man beim beruflichen Aufstieg benachteiligt. Stimmt übrigens nicht. Laut Arbeiterkammer muss ein Arbeitgeber einem aus der Karenz zurückkehrenden Angestellten in einem solchen Fall eine Nachschulung anbieten, wenn die Inhalte für die Ausübung des Jobs oder den Aufstieg notwendig sind. Ansonsten wäre das Diskriminierung.
Das ureigne Metier ist für Olischar die Wiener Stadtplanung, die sie oft und gerne mit "Kekse ausstechen" vergleicht. "Man darf sich nicht nur anschauen, was auf diesen oder jenen zwei Quadratmetern geschieht, speziell bei Großprojekten muss man an Öffis und deren Frequenzen denken. Aspern etwa, wird bald an seine Grenzen stoßen, obwohl die noch nicht einmal mit dem Bau fertig sind", so die junge Kandidatin. Eine Forderung, auf die ihr wahrscheinlich Kollegen von allen anderen Parteien mit "Ja, eh" antworten würden.
Kein Sinnmit der FPÖ
Trotzdem, insgesamt mag Elisabeth Olischar noch unerfahren sein, doch verfügt sie deutlich über die Fähigkeit, Bewegung in ihre Partei zu bringen. Erfrischend ist auch die Sachlichkeit, die die 27-Jährige an den Tag legt. Seitenhiebe in Richtung anderer Parteien, die meist nur den Effekt haben, die Nerven der Wähler zu strapazieren und Inhalte aus dem Wahlkampf zu verdrängen, hört man von ihr kaum.
In Bezug auf die oberösterreichische Landtagswahl des vergangenen Wochenendes sagt sie, sie halte es für eine "dramatische Entwicklung, dass ein Bundesthema wie die Flüchtlingskrise die Landtagswahl dominiert habe". Der Spitzenkandidat habe laut Analysen sogar noch einiges gutmachen können, dafür, dass das gar keine Landtagswahl mehr gewesen sei, wie Olischar es nennt.
Natürlich sei der Wahlausgang in Wien abzuwarten und man müsse sich dann anschauen, welche Kombinationen sich ausgehen, jedoch scheint sie selbst nicht an die Möglichkeit einer Zusammenarbeit ihrer Partei mit den Freiheitlichen denken zu wollen. "Man sieht ja am Burgenland, dass eine Regierungsbeteiligung der FPÖ auch nichts ändert. Die sind jetzt in einer Verantwortung im Land und haben seitdem nicht wahnsinnig viel zur Flüchtlingsthematik beigetragen. Das heißt für mich, dass es im Landtagswahlkampf für uns nichts bringt, die FPÖ in die Verantwortung zu nehmen, weil sie keine Lösungen produziert. Ich glaube, dass unser Weg der Vernunft und der Aufklärung, statt Ängste zu schüren sicher der richtigere ist."