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Die missbrauchte Prämie

Von Eva Stanzl

Wissen
Nicht immer muss ein Geistesblitz dahinter stecken, wenn eine Firma Geld für "Forschung" bekommt.
© © © CJ Burton/Corbis

Kostenpunkt von 500 Millionen Euro jährlich. | Experte: "Falsche Maßnahme, um die Forschungsziele zu erreichen."


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Wien. Der Bundesregierung zufolge soll Österreich bis 2020 insgesamt 3,76 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Forschung und Entwicklung (F&E) ausgeben.

Dazu müssten nicht wie derzeit der Fall ist die Forschungsausgaben stagnieren, sondern die Investitionen um 7,43 Prozent pro Jahr steigen, betont Andreas Schibany von Joanneum Research. Unter der Annahme eines BIP-Wachstums von 3,8 bis vier Prozent müssten sich bis 2020 sich F&E-Investitionen von 8,28 auf über 15,7 Milliarden Euro verdoppeln, so der Autor des Technologieberichts 2011.

Geschenk des Staats

Gemäß der nationalen Forschungsstrategie sollen sich die Anteile der Ausgaben verschieben. Bis 2020 will die öffentliche Hand nicht wie derzeit 39,17 sondern nur 33 Prozent der Kosten beitragen und der private Sektor soll seinen Anteil von 60,8 auf 66 Prozent erhöhen. "Würde die öffentliche Hand bei 39 Prozent bleiben, wäre das ein jährlicher Zusatzaufwand von 241 bis 299 Millionen Euro. Wenn sie ihren Anteil senkt, bleiben Mehrkosten von bis zu 211 Millionen Euro", sagt Schibany zur "Wiener Zeitung".

In der jüngsten Ausgabe des "Policybrief" von Joanneum Reserach kritisiert der Forschungsökonom, dass die einzige konkret vom Bund geplante Maßnahme, die Erhöhung der Forschungsprämie, nicht der richtige Weg sei. Derzeit refundiert der Staat acht Prozent der Kosten für Forschung an Unternehmen. Wird diese Prämie wie geplant auf zehn Prozent angehoben, kostet das den Staat jährlich 500 Millionen (statt wie derzeit 350 Millionen) Euro.

Laut Schibany bringt der Aufwand keine nennenswerte Erhöhung der privaten Forschungsausgaben. Denn die Prämie wird oftmals von Großunternehmen beantragt, die gar nicht forschen. "Die Forschungsprämie ist zu unspezifisch. Um sie zu bekommen, muss man nur Forschungsausgaben mit der Einkommenssteuer geltend machen", betont der Experte.

Mehr Gründungen nötig

Das Wissenschaftsministerium registrierte 2007 insgesamt 2510 Fälle, in denen die Prämie ausbezahlt wurde. Also müssten 2510 Unternehmen in diesem Jahr in Forschung investiert haben. Oder nicht? "Von den Empfängern waren 1772 Großbetriebe und deren Tochterfirmen. Laut Statistik Austria und Forschungsförderungsgesellschaft gab es damals aber nur 423 forschende Großbetriebe", so Schibany. Im Vergleich dazu zählten die Statistiker 738 nur Klein- und Mittelbetriebe (KMU) mit Prämie, obwohl insgesamt 2098 KMU forschten. Der Ökonom plädiert für eine differenziertere Handhabung des Instruments, etwa indem nur Firmen, die eine Zertifizierung einer Förderagentur besitzen, dafür qualifizieren dürfen.

Er betont zudem: "Kein Unternehmen investiert in F&E allein aufgrund der Tatsache, dass eine Regierung eine Erhöhung der Quote beschlossen hat." Vielmehr müsse der Staat gezielt die Entwicklung von Fachkräften betreiben und Mittel für die Grundlagenforschung bereitstellen. "Wir müssen den Kuchen erweitern und brauchen mehr gute akademische Forschung und Unternehmensgründungen."