Gesundheits- und Pflegereform großteils erledigt. | Streitpunkte bei Steuer- und Mindestlohnfragen. | Berlin. Die Wahlschlachten in einigen deutschen Bundesländern sind geschlagen. Doch auf die große Koalition in Berlin wartet für die nächsten eineinhalb Jahre noch ein gehöriges Arbeitspensum. Was wurde erledigt, was ist noch offen?
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Gesundheitsreform:
Der größte Reformbrocken ist geschluckt, wenn auch noch nicht verdaut. Kernpunkte sind Versicherungspflicht, Wahltarife, mehr Freiheiten bei Verträgen zwischen Kassen, Ärzten und Krankenhäusern, mehr Wettbewerb zwischen den Kassen.
Ein Gesundheitsfonds soll ab 2009 die Finanzen der staatlichen Krankenkassen regeln. Dann zahlen die Versicherten ihren Beitrag nicht mehr an ihre Kasse, sondern in einen Fonds, der die Mittel an die Kassen verteilt. Wie hoch der einheitliche Krankenkassen-Beitrag ausfallen wird, ist noch offen.
Pflegeversicherung:
Auch diese Reform ist erledigt, zum Vorteil für die Betroffenen. Künftig sollen die Pflegesätze den steigenden Kosten angepasst werden. Das kostet mehr; ab Mitte 2008 steigt deshalb der Beitragssatz.
Beschäftigung:
Die gute Konjunktur, die Nachfrage nach deutschen Exportgütern, aber auch die Hartz-Reformen greifen. Die Lockerung des Kündigungsschutzes und Kombilohn-Modelle haben die Bereitschaft der Unternehmen erhöht, Leute einzustellen. Weitere Gründe für die positive Entwicklung sind die nur gering gestiegenen Löhne und die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 3,3 Prozent.
Sicherheit:
Eine Antiterrordatei wurde eingeführt. Mehr Kompetenzen für das Bundeskriminalamt sieht das neue Anti-Terror-Gesetz vor. Beschlossen ist die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung bei mittleren und schweren Straftaten. Das Bundesverfassungsgericht hat die Computerüberwachung an strenge Auflagen geknüpft. Gegen das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde Verfassungbeschwerde eingelegt.
Pensionen:
Die demographische Entwicklung zwang die Politik, das Pensionsalter auf 67 Jahre zu erhöhen. Für die künftigen Pensionisten bedeutet dies: länger arbeiten und ein niedrigeres Pensionsniveau. Dafür ist die Finanzierung solider.
Steuern:
Die radikale Steuerreform, wie im Wahlkampf angekündigt, ist nicht gekommen. Es gab aber eine dreiprozentige Mehrwertsteuer-Erhöhung. Die Unternehmenssteuer-Reform ist wie geplant seit Anfang 2008 in Kraft. Die Behörden verfolgen Steuersünder konsequenter. Für rund 20.000 Bürger mit besonders hohem Einkommen wurde eine "Reichensteuer" eingeführt.
Um eine aufkommensneutrale Erbschaftsteuer-Reform wird noch gerungen. Wer einen Betrieb erbt, wird von der Steuer weitgehend verschont, umstritten ist nur noch, wie lang er den Betrieb weiterführen muss. Für nahe Verwandte wie Kinder und Eltern wird erben steuerlich günstiger, für den entfernten Onkel deutlich teurer.
Haushalt:
Die Sanierung des Haushalts und der Subventionsabbau sind vorangekommen. Ein Milliarden-Investitionsprogramm soll den Aufschwung extra ankurbeln. Das Ziel, 2011 einen ausgeglichen Haushalt vorzulegen, scheint erreichbar.
Offene Fragen:
Zu den Streitpunkten gehören noch Erbschaftsteuer, Mindestlohn und Bahnprivatisierung. Sollte keine Einigung für Erben gefunden werden, darf ab 2009 die Steuer nicht mehr erhoben werden. Flächendeckende gesetzliche Mindestlöhne lehnt die Union, eine Vollprivatisierung der Bahn die SPD ab. Gibt es keine Resultate, sind die Konturen des nächsten Wahlkampfes bereits zu erkennen.