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Eines ist sicher: Der Traum von der Multikulti-Gesellschaft ist ausgeträumt. Das haben spätestens nach der Ermordung Theo Van Goghs selbst die Niederlande begriffen.
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Auch in Österreich beginnt man langsam zu verstehen, dass es nicht nur eines effektiven Asyl- und Fremdenrechts - wie auch immer dies aussehen mag - bedarf, sondern auch mindestens genauso effektiver Integrationsmaßnahmen. Immerhin haben 17 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung einen Migrationshintergrund. Doch wie sehen diese Maßnahmen aus? 2003 wurde ein 100-stündiger Deutschkurs, gekoppelt an das Aufenthaltsrecht, eingeführt. Damals protestierten unter anderem das rote Wien und der heutige SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. 2005, als über das Fremdenrechtspaket abgestimmt wurde, saß die SPÖ bekanntlich schon mit im Boot - und hat damit an der Erhöhung der Stundenanzahl auf 300 mitgewirkt.
Auch abgesehen von der Stundenzahl ist die Integrationsvereinbarung nicht unproblematisch. Denn, so die Kritik damals wie heute, wer unter Zwang lernt, lernt schlechter und langsamer. Und kann allein über die Sprachkompetenz die Problematik einer mangelnden Integrationsbereitschaft gelöst werden? Dies würden manche Experten ebenfalls verneinen.
Der jüngst veröffentlichte Migrations- und Integrationsbericht zeigt zahlreiche weitere Schwächen des Systems auf: Etwa die Ghettoisierung von Migranten oder deren schlechtere Ausbildungs- und Berufschancen. Ebenfalls ein Kritikpunkt in dem von der Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Bericht: Zu viele verschiedene Stellen - etwa Bund, Länder, Gemeinden, Arbeitsmarktservice, Nichtregierungsorganisationen - sind für die Integration zuständig. Und ein zersplittertes System ist nicht effektiv.
Setzt man sich nur einmal zwei Stunden in einen Integrationskurs, wird noch etwas Anderes deutlich: Den Migranten gibt es nicht. Denn die Gründe für die Einwanderung sind ebenso unterschiedlich wie der Hintergrund in Sachen Bildung und Kultur oder die Lebenseinstellung. Was die ÖVP bei der Gesamtschule befürchtet, nämlich die Nivellierung nach unten, ist bei der Behandlung von Migranten längst Realität.
Bei all diesen Problemen soll nun die von der Regierung ins Leben gerufene Integrationsplattform Abhilfe schaffen. Bereits im Jänner soll es einen Bericht zu den Herausforderungen geben, bis Sommer 2008 will Innenminister Günther Platter ein Maßnahmenpaket schnüren. Die Initiative ist dringend notwendig und daher zu begrüßen, allerdings bleibt zu bezweifeln ob jahrzehntealte Probleme innerhalb eines halben Jahres gelöst werden können.
Freilich gibt es auch die Lösung nicht. Als erster Schritt muss auch von höchster Stelle erkannt werden, dass Österreich ein Einwanderungsland ist. Vielleicht wäre dann muttersprachlicher Unterricht möglich, denn das Beherrschen der eigenen Sprache hilft bekanntlich beim Erlernen von Fremdsprachen. Vielleicht wäre es dann auch möglich, dass sich Migranten nicht komplett entwurzelt fühlen und bereit sind, etwas für das österreichische Gemeinschaftsleben zu tun.
Ein möglicher Name für den Plan: "Multikulti-Gesellschaft neu". 5