Finnen haben im Außenhandel mit Österreich Nase vorn. | Jedoch: Höhere Arbeitslosigkeit, starke Überalterung. | Helsinki. Ob in Zusammenhang mit dem Schulsystem, der Forschung oder dem Kampf gegen Korruption: Kaum einem anderen Staat eifern österreichische Politiker lieber nach als Finnland. Dabei können die Musterschüler im hohen Norden letztlich auch nur in Teilbereichen punkten. Strukturelle Probleme gibt es da wie dort.
Anfang der 90er Jahre hätte sich kaum jemand träumen lassen, dass Finnland kurze Zeit später wieder derart stark dastehen würde. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem damit einhergehenden Verlust traditioneller Absatzmärkte war der nordeuropäische Staat in eine tiefe Rezession geschlittert.
Finnland erwirtschaftete jährliche Haushaltsdefizite von bis zu 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Staatsschulden stiegen innerhalb weniger Jahre von 10 auf knapp 70 Prozent des BIP. Die Arbeitslosenquote kletterte auf bis zu 22 Prozent.
"Glück des Tüchtigen"
Dass die Finnen auf derart fulminante Weise den Weg zurück geschafft haben, liegt laut dem österreichischen Handelsdelegierten in Helsinki, Johannes Brunner, nicht zuletzt am sprichwörtlichen Glück des Tüchtigen: Mit einem starken wirtschaftlichen Fokus auf die Telekommunikation habe Finnland auf das richtige Pferd gesetzt. Der Aufstieg von Firmen wie Nokia habe dem Land extrem starke Wachstumsraten beschert. Dabei setzt Finnland weiterhin auf Hochtechnologie: Mit einer Forschungsquote von 3,45 Prozent des BIP liegt man in der EU im absoluten Spitzenfeld.
Grundlage für die finnische Wettbewerbsfähigkeit sei aber auch das Ausbildungssystem, meint Brunner. Hier setzen die viel gerühmten Sieger der Pisa-Vergleichsstudie auf eine Gesamtschule und eine stark ausgeprägte Schulautonomie. Probleme ortet Brunner allerdings im Bereich des - eigentlich als vorbildlich angesehenen - Universitätssystems. So würden Studienanwärter, die die verpflichtenden Aufnahmetests nicht bestehen, oft zu lange warten, um die Prüfung zu wiederholen. Das führe dazu, dass Hochschulabsolventen in Finnland überdurchschnittlich alt seien. Laut Brunner spielen diese Schwierigkeiten beim Studienbeginn auch eine nicht unwesentliche Rolle, was die hohe Jugendarbeitslosigkeit anbelangt. Im Vorjahr betrug diese laut Eurostat 16,5 Prozent, in Österreich waren es lediglich 8,6 Prozent.
Unter 60 in Pension
Ein strukturelles Problem plagt Finnland jedoch auch am oberen Ende der Altersskala: Bis 2030 werden 1,4 von rund 5 Mio. Finnen in Pension sein. Angesichts der drohenden Überalterung sind rasch politische Lösungen gefragt. Laut Brunner sei zwar 2005 das Pensionsantrittsalter um 2 bis 3 Jahre erhöht worden. Tatsächlich liege dieses aber weiterhin unter 60 Jahren. Fast die Hälfte derer, die vorzeitig in Pension gehen, nimmt, so Brunner, eine Art Invaliditätspension in Anspruch.
Im direkten wirtschaftlichen Austausch mit Österreich haben die Finnen die Nase vorn: Nach vorläufigen Zahlen machten 2007 die österreichischen Exporte nach Finnland 561,6 Mio. Euro aus, die Importe aus dem nordischen Staat jedoch 755,0 Mio. Euro.
Österreich liefert unter anderem Aufzugs- und Rolltreppenteile, Maschinen und Fahrzeuge sowie Schilifte. Bei den Importen schlagen hauptsächlich Mobiltelefone, Papier und Holzwaren zu Buche. In Finnland investierte österreichische Unternehmen erzielten dort im Vorjahr einen Umsatz von rund 2 Mrd. Euro.