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Politik hat über die falschen Fragen nachgedacht. | Angst vor Ausverkauf der Wasserkraft unbegründet. | Natürlich gibt es genügend Zweifel, ob eine Fusion zwischen OMV und Verbund sinnvoll gewesen wäre. Viele Fragen waren offen. Etwa diese: Warum braucht die OMV einen fixen Abnehmer für ihr Gas, wo doch Erdgas in Zukunft ohnehin verstärkt nachgefragt werden wird? Oder: Was soll eine Fusion ohne Synergien den Aktionären bringen? Oder auch: Wenn man schon eine Kooperation OMV-Verbund im Gas- und Strombereich anvisiert, warum nicht in einem Joint-Venture? Warum muss man dafür gleich beide Konzerne voll fusionieren?
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Wenn so viele wichtige Fragen offen sind, sollte man dann nicht froh darüber sein, dass die Politik die Fusion verhindert hat? Die Antwort praktisch aller Experten lautet ganz klar: Nein. Denn diese Fragen waren beim Kippen der Fusion nicht einmal ein Randthema. Die politische Diskussion insbesondere jene unter den Landeshauptleuten erschöpfte sich stattdessen in Irrelevanz und dem Spiel mit den Ängsten einer wenig informierten Öffentlichkeit. Letztlich hat ein völlig falscher Prozess zu einem möglicherweise richtigen Ergebnis geführt.
Kontrolle der Wasserkraft
Ein Schlüsselthema bei der Verhinderung der Fusion war die Forderung, dass ein Ausverkauf der Wasserkraft verhindert werden müsse. Unabhängig davon, dass es Wege gegeben hätte, die öffentliche Mehrheit an Wasserkraftwerken so festzuschreiben, dass das nicht zu einer Verstaatlichung der OMV geführt hätte: In einem liberalisierten Strommarkt ist die Frage der Eigentümerschaft nicht mehr wichtig. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der erste sollte jedem (vielleicht mit Ausnahme des einen oder anderen Landespolitikers) einleuchten: Man kann ein Kraftwerk nicht einpacken, wegtragen und jenseits der Grenze wieder aufstellen auch nicht als Eigentümer.
Daraus ergibt sich der zweite Grund, der einer breiteren Öffentlichkeit nicht bekannt ist: Strom aus einem Kraftwerk kann man über das österreichische Höchstspannungsnetz maximal 500 Kilometer weit transportieren. Ab dieser Grenze geht aufgrund des elektrischen Widerstandes der Leitung so viel Energie verloren, dass nichts mehr übrig bleibt.
Egal also, wem ein Kraftwerk gehört: Der Strom, der dort produziert wird, muss fast immer in Österreich verbraucht werden. Er kann nicht auf geheimnisvolle Weise vom Ausland abgesaugt werden. (Wer im liberalisierten Markt Strom bei einer Firma in Frankreich kauft, erhält ihn rein physikalisch trotzdem von einem österreichischen Kraftwerk. Es werden nur buchhalterisch Einspeisungen in das Netz in Frankreich mit solchen in Österreich gegenverrechnet.)
Kontrolle des Strompreises
Auch der immer wieder heraufbeschworene niedrige Preis des Stroms aus Wasserkraft kann nicht durch öffentliches Eigentum abgesichert werden. Seit der Liberalisierung der Strommärkte gibt es einen einzigen Marktpreis für Strom. Kein Unternehmen kann es sich leisten, unter diesem Preis zu verkaufen (auch nicht der Verbund, obwohl er mehrheitlich in staatlicher Hand ist; er tut es auch nicht). Umgekehrt könnte auch kein Eigentümer, also auch kein böser Ausländer, mehr Geld für Strom verlangen, als der Markt hergibt. Sonst würden nämlich seine Kunden einfach zu einem anderen Anbieter wechseln. In letzter Konsequenz heißt das: Ein ausländischer Eigentümer eines heimischen Kraftwerkes würde sich von einem inländischen aus Sicht der Konsumenten durch exakt nichts unterscheiden.
Die Kontrolle über unser Wasser ist eher ein mythologisches Problem ähnlich wie die Frage der österreichischen Neutralität. Kein mythologisches Problem ist hingegen der Vorschlag, die OMV, Österreichs größten Industriekonzern, wieder mehrheitlich zu verstaatlichen. Wirtschaftsexperten können nur hoffen, dass solche Töne jenseits unserer Grenzen nicht allzu deutlich wahrgenommen werden. Denn sonst würde dort die österreichische Landeshauptleutekonferenz in einem Atemzug mit den lateinamerikanischen Nationalisierern Evo Morales und Hugo Chavez genannt werden.