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Unterstützung für Karzais Plan zur Versöhnung. | Konfliktfeld Indien-Pakistan. | Neu Delhi/Kabul. Wie kann der Krieg am Hindukusch doch noch gewonnen werden? Alle Augen richten sich auf die hochkarätige Konferenz in London: Doch fern ab vom Medienrummel traf sich im türkischen Istanbul am Dienstag ein Gremium, das seit 2001 nicht mehr zusammengesessen hat: Afghanistans unmittelbare Nachbarn - Pakistan, Iran, China, Tajikistan und Uzbekistan - hatten sich hier mit ihren Vertretern versammelt. | Taliban: Fanatiker als Friedensengel? | Nato-Truppen verstärken ihren Einsatz in Südafghanistan
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Gemeinsam mit Afghanistan ging es um ein regionales Konzept. Als die sechs Länder sich zum letzten Mal in dieser Form trafen, regierten in Kabul noch die Taliban. Die Nachbarländer Afghanistans und die Türkei unterstützen Präsident Hamid Karzais Plan von der geplanten Wiedereingliederung gemäßigter Taliban-Rebellen in die afghanische Gesellschaft, wie die Teilnehmer des Gipfeltreffens bekräftigten.
Dass die Nachbarn sich erstmals seit über acht Jahren treffen, hat einen triftigen Grund: Denn die entscheidende Frage bei einer dauerhaften Lösung für Afghanistan bleibt, wie sich andere Staaten, die seit Jahrzehnten in der Innenpolitik Afghanistans mitmischen, verhalten werden. Besonders entscheidend wird sein, wie sich Indien und Pakistan am Hindukusch positionieren.
Indien ist kein unmittelbarer Nachbar Afghanistans. Doch das Gandhi-Land steht auf gutem Fuß mit der Regierung in Kabul und gibt großzügig Entwicklungshilfe. Das wiederum erzürnt Pakistan. Denn die beiden Erzfeinde führen dort schon lange einen verdeckten Krieg um den Einfluss in der Region. Pakistan, das die Taliban mit Hilfe der USA in den 80er Jahren erst großgezogen hat, um die sowjetische Besatzungsmacht zu bekämpfen, verspürt im Moment wenig Lust, noch stärker gegen die Extremisten anzugehen - auch wenn die USA sie drängen, die in Afghanistan operierenden Taliban ins Visier zu nehmen.
Die militärischen Kapazitäten des Landes seien bereits "überlastet", ließ Armeesprecher Athar Abbas kürzlich stoisch wissen. Nach Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan dürften die Taliban in Afghanistan wieder ein wichtiger Partner für Pakistan werden. Das Militär hat daher offenbar wenig Lust, es sich jetzt mit ihnen zu verderben.
Auch Pakistans Erzrivale Indien sieht Afghanistan als seine Einflusszone. Die USA und andere westliche Länder möchten, dass Indien eine größere Rolle am Hindukusch spielt. Pakistan versucht daher, die unmittelbaren Nachbarn Afghanistans hinter sich zu bringen. Das Treffen in Istanbul solle "Indiens Plan durchkreuzen, Fuß auf afghanischem Boden zu fassen", schrieb die pakistanische Zeitung "Daily Times" kämpferisch.
Kein Einvernehmen
Ohne ein Einvernehmen zwischen Pakistan und Indien besteht das Risiko, dass die beiden in Afghanistan nach dem Exit des Westens unterschiedliche Seiten unterstützen und das Land in einen neuen Bürgerkrieg stützen, wie dies schon in den 90er Jahren geschah. Doch in dieser wichtigen Frage gibt es kaum diplomatische Fortschritte. Die Beziehungen zwischen den beiden südasiatischen Rivalen ist zur Zeit auf dem Gefrierpunkt. Als jüngst kein einziger pakistanischer Cricket-Spieler für das beliebte indische Städte-Tunier IPL eingekauft wurde, zündeten verärgerte Fans auf der anderen Seite der streng bewachten Grenze indische Fahnen und Plakate an. In Indien brachte eine staatliche Anzeige mit berühmten Indern den Volkszorn zum Brodeln, weil auch der frühere pakistanische Luftwaffen-Chef mit aufs Bild geraten war.
Indiens Premierminister Manmohan Singh scheint Gesprächen mit Islamabad nicht abgeneigt. Doch mit einer schwachen zivilen Regierung in Pakistan erscheint die Hoffnung gering, die beiden Rivalen wieder an einen Tisch zu bekommen.
Mit der Aussicht, dass der Westen sich bald aus Afghanistan verabschiedet, scheint ein Entgegenkommen Indiens und Pakistans in der Afghanistan-Frage in noch weitere Ferne gerückt zu sein.