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Die nachdenkliche Seite von Krems: Wer darf was den Medien erzählen?

Von Bernhard Baumgartner

Analysen

Der tragische Fall jenes tödlichen Schusses eines Polizisten in den Rücken eines 14-jährigen Einbrechers in Krems kann in vielfacher Hinsicht als Musterbeispiel herangezogen werden. Für die Art, wie Qualitätsmedien und Boulevard mit diesem Thema umgehen, aber auch dafür, wie Behörden und NGOs aus den Fällen der vergangenen Jahre augenscheinlich gelernt haben und versuchen, die Medien für sich zu gewinnen.


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So ist es kein Zufall, dass am Dienstag ausgerechnet in einem Boulevardblatt die Liste mit Anzeigen und Verurteilungen jenes 17-Jährigen auftauchte, der den Einbruchsversuch überlebt hat. Acht Anzeigen, zwei Verurteilungen, davon einige einschlägig. In Haft war er jedoch wegen eines anderen Deliktes, das zwar für die juristische Beurteilung des Falles völlig unerheblich ist, sich aber dennoch eignet, der Öffentlichkeit zu zeigen, was das für ein "Typ" ist. Gegenüber dem Blatt "Österreich" hat die Staatsanwaltschaft Krems die Art der Delikte sogar bestätigt, der Staatsanwalt wird auch mit vollem Namen zitiert.

Das stimmt wohl nicht nur Datenschützer nachdenklich - und wirft einige Fragen auf: Ist es in Österreich üblich, dass eine Behörde die Medien über Details zu Verurteilungen oder Vorstrafen von Beschuldigten aufklärt? Unterliegen solche Daten, die ja wohl geeignet erscheinen, einen Menschen zu diskreditieren, nicht einem speziellen Schutz? Die Antwort auf diese Fragen wird in Justizkreisen wohl noch für Gesprächsstoff sorgen.

Auch macht es stutzig, dass ausgerechnet ein Sprecher des Bewährungshilfevereins "Neustart", der dem 17-Jährigen eine (offensichtlich eher wenig erfolgreiche) Bewährungshilfe zukommen hat lassen, im Radio offen über Eigentumsdelikte und den jetzt erfolgten Rückfall des 17-Jährigen plaudert. Ist das seiner Meinung nach hilfreich für den eigenen Klienten? Mit Sicherheit nicht. Aber dieses Verhalten führt andererseits dazu, dass der Verein (dessen Interesse es wohl ist, Subventionen und Spenden zu bekommen) am nächsten Tag in allen Zeitungen steht.

Verbrecher brauchen sicher vom Staat keinen speziellen Schutz ihrer Privatsphäre. Aber sie sollten wohl denselben Schutz erhalten wie allen anderen auch. Vor allem, wenn man will, dass der Bursch eine echte Chance hat, die schiefe Bahn zu verlassen.